Der Künstler ist anwesend. Das Marina Abramovic Zitat ist leicht abgenudelt, aber zu Karl Goerlich passt Präsenz. In den poshen Räumen einer Agentur unweit des Pergamon Museum knalllt der Maler den Gästen Farbe um die Augen. Und er selber: zierlich bis zart, mit langem Haar, sitzt irgendwo auf dem Fussboden. Als ob das equisite Interior nicht ausreichend wäre. Er sitzt in Vorbereitung zu einem Art Talk, den die Bild Chefredakteurin Ulrike Zeitlinger-Haake mit ihm führen wird. Sie wird ihn fragen, wie er auf die Ideen kommt, nach dem Schaffensprozess und dem Malen an und für sich. Und sie wird sich als Goerlich Fan und Besitzerin outen, dessen Bild sie jeden Tag auf´s neue fasziniert. Das tut sie am Ende des Gesprächs vor Publikum so enthusiastisch, das aus der gestandenen Frau eine begeisterte Kunst-Conaisseurin wird. Kunst soll begeistern.
Das hat Karl Goerlich bei seinem Talk-Host offensichtlich geschafft. Warum?
Er knallt den Gästen Farbe um die Augen…
Große Flächen, der Maler hat keine Angst. Verwirrende Sujets, der Maler hat keine Angst. Er malt gegen den Strom, nicht was die Größe angeht. Ein Jonas Burgert hat bei Blain|Southern sehr offensichlich für seinen Einzug in eine Museum gemalt. Was die Größe angeht. Was die Sujets angeht: die beiden verbindet eine, sagen wir mal, überbordende Phantasie. Wie auch Neo Rauch. Und all die ziemlich, beinah und schon berühmten, die Gegenständliches wiederbelebt haben. Das Karl Goerlich noch nicht so berühmt, so „erfolgreich“ ist, das liegt nicht an den Sujets.
Er knallt den Gästen ……
Die beiden genannte Helden des Gegenständlichen sind zumeist mit Öl, zumeist mit eher müden Farben am Werk. Sie zitieren dabei ähnlich wie Goerlich, alles was die Kulturgeschichte so her gibt, spielen mit Mythologie, mit Pop-Kultur und der Psyche des Betrachters. Allein bei der Farbigkeit machen sie es einem leicht. Sie sind milde. Karl Goerlich macht Kunst und ist so frech, Grafik zu kitzeln, er ist nicht bescheiden.
Seine Bilder schreien einen an: guck halt hin!
Tun die von Neo Rauch auch oft und Rauch ist auch nicht ängstlich, sich Grafik zu nähern. Doch Goerlich:
Er knallt…
Dabei hat er sich eine Palette an Werkzeug zu eigen gemacht, die ebenfalls aus der Reihe malt. Wachsmalkreide ist so ein Instrument. Nach fünfzehn Jahren als Maler sieht man: der Mann weiß was er will. Grob zu Beginn. Das einzelne Gemälde, so sagt er, sei ein Kampf. Dazu müsse er leer sein und aufsteigen lassen, dann folgen Skizzen und dann der Akt des malens. Das fertige Werk ist formal Gegenständlich, inhaltlich ein Ritt durch die Stile. Dabei fasziniert, dass er sie alle beherrscht. Die kleinste Ecke, wie hingehuscht gepinselt, ist stimmig. Und mach mal mit Wachsmalkreide einen graden Strich, meint er. Es ist nicht das einzige Material dass er herausfordert und jedes von ihm eingesetzte Medium verbindet seinen Strich. Der ist dynamisch. Eingentlich immer. Und dabei nicht schlampig oder verhuscht. Und nie überflüssig.
Gibt es das Wort „sexy“ noch?
Wenn ja: Karl Goerlich malt am sexiesten.
Fazit: Wäre er ein Aktie, ich würde eine unbedingte Kaufempfehlung aussprechen. Der geht durch die Decke, nicht nur weil er knallt.
Author: Andreas Toelke
Photo Credit: Unique Art Concepts
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