Thomas Hirschhorn –  Höhere Gewalt im Schinkel Pavillon

Ausstellungs-Highlight 

Thomas Hirschhorn – Höhere Gewalt im Schinkel Pavillon

Schinkel Pavillon Berlin – Schauplatz einer Katastrophe. Der Schweizer Künstler Thomas Hirschhorn schuf eine rätselhafte Installation aus Pappe und Klebeband.

Thomas-HirschhornCopyright Nina Pohl

Thomas Hirschhorn – Einsturz des Schinkel Pavillons

Ein Attentat, eine Explosion, eine Bombe? Oder doch nur die Fortsetzung der Baustelle, die rund um den Berliner Schinkel Pavillon zum Hindernislauf um Bauzäune zwingt? „Höhere Gewalt“ heißt das Werk im Schinkel Pavillon und es lässt die Besucher leise erschauern. Der Schweizer Künstler Thomas Hirschhorn hat aus jeder Menge Pappe, Klebestreifen, Metallrohren und anderen Materialien eine raumgreifende Installation geschaffen, die erschreckend realistisch den Einsturz der Decke des Pavillons simuliert. Fast zögert man ein wenig, zu nahe zu treten. Kommt etwas herunter? Der Raum ist im wahrsten Sinne des Wortes gefüllt und man mag sich gar nicht vorstellen, wie drängelnde Besucher mit Ellbogen und Schultertaschen an der Installation entlang schleifen. Höhere Gewalt kommt von oben und so steht diese Installation gewissermaßen auf dem Kopf, sie hängt von der Decke, statt auf einem Sockel zu thronen. Thomas Hirschhorn in seinem Manifest:

Die „Force Majeure“ ist mitleidslos und zwingt mich hinzuschauen. „Höhere Gewalt“ zwingt mich, den Kopf zu heben, meine Augen weit zu öffnen und dem ins Auge zu blicken, was ich nicht sehen will. Das ist die Logik, die Form und die Mission dieser neuen Skulptur.

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Thomas Hirschhorn – Arno Schmidt im Kunstraum

Zwischen all dem Gewirr hängen in langen Fahnen Kopien aus „Zettel´s Traum“ von Arno Schmidt. Der Schriftsteller, der in diesem Jahr hundert Jahre alt geworden wäre, hat ein umfangreiches Werk mit teils experimenteller Prosa geschaffen, mit neuen Sprachbildern und einer eigenen Erzähltechnik. Intellektuelle und Künstler aller Richtungen und Generationen begeistern sich für ihn, so auch Thomas Hirschhorn.  

Großartige Bücher liest man nicht, um sie zu verstehen. Es geht nie um Verständnis. Es geht darum, etwas zu erfahren. Die Bücher, die mich interessieren, sind Bücher, die ich nicht verstehe. Bücher, die mir zu viel abverlangen. Bücher, die mich zwingen, mich mit dem auseinander zu setzen, was ich nicht weiß.

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Höhere Gewalt

Was wir nicht wissen, ist die tiefere Intention der „Höheren Gewalt“. Trotz offensichtlicher – politischer und medienkritischer – Aussagen in der Vergangenheit (man denke an „Crystal of Resistance“, die Alu- und Kristallhöhle im Schweizer Pavillon in Venedig 2011), ist Thomas Hirschhorn diesmal vage geblieben, vermutlich ist das gewollt. So bleibt es jedem selbst überlassen, sich seinen Empfindungen und der Katastrophe im Pavillon hinzugeben. Und zu hoffen, dass man in der folgenden Nacht nicht vom Einsturz der eigenen Wohnung träumt. 

Ausstellung: Thomas Hirschhorn „Höhere Gewalt“ 

Schinkel Pavillon // Oberwallstraße 1 (( 10117 Berlin
Laufzeit bis zum 28.9.2014 // Do – Sa 12.00 – 18.00 Uhr

Fotos: Matias Sauter