Tanja Wagner hat schon mit den ganz großen Künstler gearbeitet.
Bei der Galerie Max Hetzler hat sie u.a. Albert Oehlen und Jeff Koons betreut. Aber die junge Generation Künstler, was bewegt die eigentlich? Das war die Frage, die Tanja Wagner nicht los gelassen hat. Die Zeit bei Max Hetzler war eine gute Zeit, eine lehrreiche und eine perfekte Startrampe, um für die neue Generation Künstler einen eigenen Ort zu schaffen.
Eine Generation von jungen Künstlern, denen das inhaltliche Arbeiten genauso wichtig ist wie das Material mit dem sie arbeiten. Die sich von kalten, aseptischen Arbeitsweisen entfernen und mit ihrem Werk berühren wollen. Mehr noch, den Betrachter in einen Dialog verwickeln möchten. Und der ersten Schritt dazu, der geht immer vom Kunstwerk selbst aus. Genau diese Richtung möchte ich mit meiner Galerie aufzeigen und diskutieren.
Tanja Wagner hat, wie wir Euch bereits erzählten, ihre Galerieräume in der Schöneberger Pohlstrasse letztes Jahr im September bezogen. Sehr erfolgreich ist sie seitdem gewesen und heute Morgen hat sie uns erzählt, was sie von ihrem Gedanken damals bei Max Hetzler bereits verwirklicht hat und welche Fragen sie sich heute stellt. WARUM ALLE DENKEN, DASS IN BERLIN KEINER KUNST SAMMELT, zum Beispiel.
Tanja Wagner: Warum Kunstsammeln in Berlin so schwierig ist
Ich ziehe hörbar die Luft ein. Eine meiner Lieblingsfragen, auch deswegen, weil sie mir nie jemand klar beantworten kann. Tanja Wagner schon. Es gibt sie sehr wohl, die jungen Kunstsammler in Berlin. Oder besser gesagt, es könnte viel mehr von ihnen geben. Tanja Wagner ist davon überzeugt, dass es nicht allein das fehlende Budget ist, was die jungen Kunstsammler aus den internationalen Metropolen den Berlinern voraus haben. Es ist eigentlich überhaupt kein Mangel, sondern vielmehr der Überfluss, für den wir diese Stadt so lieben.
Wir seufzen. Es gibt sie nicht die einschlägigen Kunstorte, DIE Galerie, DEN Performance Ort, DIE Strömung. Die Berliner Kunstszene scheint sich Woche für Woche neu zu erfinden. Neben den etablierten Galerien spriessen und wachsen ständig eine scheinbar endlose Anzahl an Off Spaces empor. Und tauchen nicht selten wieder unter. Kunstkalender schaue ich mir schon lange nicht mehr an. Zu viel, zu wenig Orientierung, zu wenig Führung.
Wir werden unterbrochen. Der Maler Albert Oehlen schneit herein und möchte eine Führung durch die Galerie. Ein JUNGER WILDER bei der neuen Generation der jungen wilden Galeristinnen, schiesst es mir durch den Kopf. Tanja Wagner führt ihn gelassen durch die aktuelle Ausstellung von Mariechen Danz.
Tanja Wagner: Über Kunstsammeln und Prestige
Dann kehrt sie zurück, giesst grünen Tee nach und nimmt den Faden wieder auf. Verwirrung und Überfluss sind nicht alles, was die jungen Kunstinteressierten davon abhält, Sammler zu werden oder auch nur ein Werk zu kaufen. Was sie beobachtet hat, macht uns nachdenklich. BERLIN FEHLT ES AN TRADITION. Das Bewusstsein für die Unterstützung von Kunst und Kultur ist hier längst nicht so verankert wie beispielsweise im Rheinland. Dort leben alteingesessene Kunstsammler Familien, in denen die Haltung, Kunst zu sammeln und damit Künstler und auch Galerien zu unterstützen sozusagen ins Familienbuch eingestanzt ist.
Diese Haltung vermisst Tanja Wagner in Berlin, und sie liefert auch gleich den Grund für das Fehlen einer solchen. Es ist die generelle Ablehnung gegen Prestige in Verhalten und Symbol, die Berlin hochhält. Der Hype um das Kunstsammeln, die Preise auf dem Kunstmarkt und die ständige Gefahr, als reiner Kunstinvestor verteufelt zu werden, ist in der Berliner Kreativszene verpöhnt. Hier ist man dann doch lieber selber der Kreative.
Tanja Wagner weiss natürlich, dass sich die rheinländische Großindustriellen-Sammlerkultur nicht einfach nach Berlin kopieren lässt. Aber sie sieht für Berlin Potenzial eine ganz eigene Version der Sammlerkultur zu entwickeln. Eine Kultur, die einerseits den Gedanken der Förderung von Künstlern weiterentwickelt. Andererseits aber auch die Berliner Ablehnung gegen demonstratives Prestige berücksichtigt. Sammlerkultur in Berlin ist eben nicht Kunstinvestoren-Kultur.
Als wir die Galerie verlassen, wissen wir, Tanja Wagner wird dieses Thema nicht schutzlos sich selbst und dieser Stadt überlassen. Wir werden Euch davon berichten.
Bis dahin, pilgert in die Potsdamer Strasse, biegt rechts ab, überzeugt Euch von der Energie dieser Galeristin und ihren sechs Künstlern, sucht den Dialog mit ihnen in den regelmäßig stattfindenden Künstlergesprächen und nähert Euch dem, was das Rheinland mit der Muttermilch aufsaugt: EINER NEUEN KUNSTSAMMLER-HALTUNG IN BERLIN.
Wir sehen uns dort.
GALERIE TANJA WAGNER
Pohlstraße 64
10785 Berlin
Webpage
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DIE GALERIE TANJA WAGNER
Tanja Wagner vertritt Mariechen Danz, Paula Doepfner, Sejla Kameric, Issa Sant, Ulf Aminde und Angelika J. Trojnarski. Der Fokus liegt auf junger, zeitgenössischer Kunst. Die Philosophie der Galerie basiert auf dem Dialog zwischen Künstlerinnen, Kunst und Kunstinteressierten. Wir empfehlen eine Anmeldung zu den regelmäßig stattfindenden Künstlergesprächen.
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