Erst kürzlich haben wir über die Ausstellung Neue Schwarze Romantik berichtet, die im Künstlerhaus Bethanien gezeigt wurde. In einer Gegenwart in der alles nicht nur scheinbar dunkler wird, gibt es einen Künstler der im wahrsten Sinne des Wortes Licht ins selbige, ins Schwarze bringt. Die Rede kann hier natürlich nur von dem Franzosen Pierre Soulages sein.
Geboren 1919 in Rodez, Südfrankreich, also zu Zeiten die man wahrlich als düster beschreiben kann. Ein Jahr davor war der erste Weltkrieg zu Ende gegangen, der zweite sollte losbrechen als Pierre Soulages 20 Jahre alt war.
Pierre Soulages ist einer der letzten lebenden Vertreter einer Künstlergeneration, die die moderne Kunst nach dem Zweiten Weltkrieg neu definierte und zählt ohne Zweifel zu den bedeutendsten französischen Künstlern der Gegenwart, lässt sich in der Presse Information nachlesen. Dem haben wir erstmal nichts hinzuzufügen.
Da Schwarz generell in Berlin die einzig (Mode) relevante Farbe zu sein scheint, haben wir auf dem Weg nach Hause in die Weihnachtsferien einen Schlenker für Euch gemacht und sind an den einen Ort gefahren, an dem es die größte Sammlung von Soulages Werken in Deutschland zu sehen gibt, nämlich nach Donaueschingen in das stylische Museum Art.Plus.
Donaueschingen? Ja genau richtig, das liegt im Achtung: Schwarzwald!
Man muss nämlich wissen, dass sie in diesem Museum eine Schwäche für „Schwarze Kunst“ haben und diese dort immer wieder gern auf neue Weise thematisieren. Aber dazu später mehr, zurück zu Soulages.
Im Jahr 1915 malt Kazimir Malevich sein „Black Square” auf weißem Leinen.
10 Jahre später wird Pierre Soulages im Alter von 6 Jahren mit schwarzer Tinte auf weißem Papier zeichnen und auf die Frage was er denn da male, schlicht und einfach antworten:
Schnee
Das muss man erstmal so sacken lassen. In einem Interview erklärte der 98-jährige zu dieser Familien Anekdote:
Ich wollte mit der schwarzen Farbe das Papier weiß machen. Ohne schwarz ist Papier nicht weiß. Es ist eher grau. Erst der Kontrast mit dem Schwarz macht es weiß. Das funktioniert aber nicht nur mit Weiß, sondern mit allen Farben. Schwarz aktiviert andere Farben, es macht sie heller und klarer. Schwarz ist die aktivste Farbe.
In Frankreich genießt Pierre Soulages einen Ruf, der mit dem von Rothko oder auch de Kooning in den USA vergleichbar ist. Nachdem Francis Picabia und Hans Hartung ihn 1948 in Paris entdeckten, dauerte es nicht lange bis im selben Jahr James Johnson Sweeney der damalige Kurator des MoMa und spätere Direktor des Guggenheim Museums auf ihn aufmerksam wurde, der Rest ist Geschichte. Soulages avancierte zum Meister der Nachkriegs-Abstraktion und machte vor allem in den frühen 1950er und 60er Jahren international Furore mit seinen kühnen, abstrakt-gestischen Leinwänden.
Vor allem in Amerika finden sich seine Werke in unzähligen Museen, Alfred Hitchock sammelte seine Arbeiten, wie sollte es auch anders sein…
Er nahm außerdem an den allerersten drei documenta teil, die in den Jahren 1955, 1959 und 1964 stattfanden.
1964 ist auch das Jahr in dem er das Plakat für die legendären Donaueschinger Musiktage entwarf, dem bis heute weltweit wichtigsten Festival für Neue Musik. Pierre Boulez der mit Soulages befreundet war und Karl Heinz Stockhausen gaben hier 1957 skandalumwitterte Uraufführungen.
Unter dem Namen „LEIDENSCHAFT PASSION Im Fokus: Pierre Soulages, zeigt das Museum Art.Plus insgesamt 14 großformatige Outrenoirs, wie er die Arbeiten seiner in 1979 begonnen Werksreihe nennt, in der er bis heute ausschließlich arbeitet.
Die feine Kuration in dem liebevoll und sorgfältig renovierten Museum, ein klassizistisches Gebäude aus dem Jahr 1841, spielt geschickt mit der wechselhaften Wirkung der Outrenoirs und selten hatte ich ein so starkes Bedürfnis, in einem Raum einfach sitzen zu bleiben. Das Gebäude strahlt eine für ein Museum eher ungewöhnliche Wärme aus.
Zusätzlich werden die Arbeiten von Soulages von einer Auswahl von Künstlern begleitet, die seine Leidenschaft für das Schwarze teilen, ein extrem gelungene Kombination, Chapeau!
Da gibt es im ersten Stock, herausragende, zeitgenössische Positionen von Pizzi Cannella, Tony Cragg, Masayuki Koorida und Nunzio, aber auch große Namen der Nachkriegsmoderne wie Ellsworth Kelly, Thomas Lenk, François Morellet und Turi Simeti zu sehen.
Es ist aber der leicht abgedunkelte und etwas tiefer gelegene erste Raum im Erdgeschoß mit Soulages Werken, der die nachhaltigste Wirkung auf mich hat. In einer Ecke steht ein Musik Player, der eine Pierre Boulez Komposition abspielt und während ich auf der Bank sitze und alles auf mich wirken lasse, explodiert vor mir in dieser einen Arbeit ein ganzes Universum.
Ein wilder Kometenregen der durch die klare Nacht fällt, zeitlos und erhaben in seiner Einfachheit.
Das Alpha und Omega, das schwarze Licht aller Dinge in diesem einem Moment, vereint in diesem Bild.
Dann ist der Moment wieder vorbei.
Wir werden auf jeden Fall wieder in den Schwarzwald nach Donaueschingen fahren und die Outrenoirs von Pierre Soulages besuchen und einfach ein bisschen sitzen bleiben.
Frohe Weihnachten!
AKTUELLE AUSSTELLUNGEN – MUSEUM ART.PLUS
19. Februar 2017 – 21. Januar 2018 | Leidenschaft . Passion – Im Fokus: Pierre Soulages
12. November 2017 – 11. März 2018 | Alfonso Hüppi (im 2-RAUM des Museum Art.Plus)
ANFAHRT: Besucher Info Anfahrt
Museum Art.Plus | Museumsweg 1 / Ecke Josefstraße | 78166 Donaueschingen
http://www.museum-art-plus.com
ÖFFNUNGSZEITEN
Mi – Fr: 13 – 17 Uhr
Sa – So: 11 – 17 Uhr
jeden 1. Do im Monat: 13 – 20 Uhr
Mo – Di (außer an Feiertagen) geschlossen