Die Sammlung Regard: klein, fein, deutsche Fotografie Kunst
Private Kunstsammlungen haben die Angewohnheit sich unsichtbar zu machen. Zumindest von außen und so suche ich eine Weile, bis mir das Klingelschild mit dem zarten Collection Regard an der hölzernen hohen Tür in der Steinstrasse von Berlin Mitte ins Auge fällt. Es wird mein erster Besuch in der privaten Fotografie Sammlung von Marc Barbey sein. Der Franzose, dessen Onkel Bruno Barbey Fotograf bei der berühmten Agentur Magnum war, sammelt seit 2005 mit Begeisterung und mit Fokus auf deutscher Fotografie und dem Thema Berlin.
Das französische Regard bedeutet soviel wie „der Blick“ oder „die Aufmerksamkeit“ und das Fokussierende darin spiegelt sich in der Künstlerauswahl der Sammlung wider. Marc Barbey nennt sie eine junge Sammlung, die von den Anfängen der Fotografie bis zu den 70er Jahren des 20. Jahrhunderts reicht und Künstler versammelt, die nicht unbedingt zu den Blockbustern der Kunstfotografie zählen.
Im Gegensatz zu Arthur de Ganay, der seine Fotografiesammlung in Kreuzberg bekannten Fotografen wie Thomas Ruff oder Candida Höfer verschrieben hat, widmet sich Marc Barbey der Entdeckung und Wiederentdeckung eher unbekannten fotografischen Werken und Künstlern. Darunter die Fotografen Lotte Jacobi, Siegfried Lauterwasser, Heinrich Riebesehl, Toni Schneiders und Friedrich Seidenstücker. Im Fall von Hein Gorny (1904-1967) kümmert sich Marc Barbey auch um dessen komplette Nachlassverwaltung, die immerhin 16.000 Werke umspannt.
Collection Regard: Opening der neuen Ausstellung
Berlin etabliert sich immer mehr zu einem Ort für Fotografie, aber es gibt nicht viele Orte, die unbekanntere Fotografen zeigen
erzählt mir Marc Barbey an diesem Morgen. Um uns herum turnen ein paar Journalisten und ein TV Team. Die Collection Regard bereitet sich auf das Opening der zweiten Ausstellung in den ehemaligen Büroräumen von Marc Barbey vor. Heute Abend, und wie immer wird es ein Freitagabend sein, eröffnet die private Sammlung mit Fotografien von Hans Martin Sewcz.Auf Hans Martin Sewcz ist der Sammler Barbey auf einer Auktion aufmerksam geworden und hat sich direkt in die Bildsprache verliebt. Berlin Mitte Mai 1979 ist der Titel der Ausstellung. Zu dieser Zeit hat Hans Martin Sewcz die Panorama Fotografie mit einer speziellen Kamera, eine russische Horizont Kamera mit mit 120°-Winkel, entdeckt und beeindruckende Schwarz-Weiss Aufnahmen einer heute unvorstellbar menschenleeren Tucholskystraße, Oranienburger Straße und Linienstraße geschossen. Zudem zu sehen sind Portraits des Künstlers aus seiner Studienzeit in Leipzig.
Hans Martin Sewcz ist an diesem Morgen auch da und zeigt mir seine Favoriten unter den Arbeiten. Es sind vor allem die Portraits, die er heraus stellen will. Zum Beispiel jenen vom jungen Ulrich Mühe, als dieser noch zur Schauspielschule ging.
Collection Regard: Der fotografische Salon
Noch gar nicht lange her, nämlich im Mai 2011 hat Marc Barbey seine Sammlung zum ersten Mal öffentlich gemacht und den Fotografischen Salon eröffnet. Seitdem bevölkern jeden Freitag neue Kunst- und Fotografie Interessierte die dezent in grau gehaltenen Vintage Sessel und die kleine Küche in der Collection Regard.
Ob er denn nicht auch die Kritik fürchtet, mit der sich private Sammler unweigerlich auseinandersetzen müssen, wenn sie ihre Sammlung öffentlich machen?
Nein, ganz und gar nicht, ich suche ja gerade die Diskussion und die Auseinandersetzung zur Fotografie mit anderen Kunstinteressierten!
ruft er da bestimmt. Die turbulenten Erfahrungen von Thomas Olbricht in seinem me collectorsroom scheint er also bisher nicht gemacht zu haben.
Die Besucher der Collection Regard sollen bleiben
wünscht sich Marc Barbey. Auch deshalb versucht er eine Mischung aus Privatwohnung und Ausstellungsraum zu gestalten. Was für den Kurator der Sammlung, Antonio Panetta, durchaus eine Herausforderung ist. Er muss um sie herum der Kunst Raum geben. Die wohnliche Atmosphäre soll erhalten bleiben, aber darf der Kunst nicht ihre Rolle rauben.
Marc Barbey selbst ist jedenfalls fast jeden Freitag da und sucht den Austausch. Auf diese Weise hat sich um die Collection Regard eine kleine Fotografie interessierte Community gebildet, die aus Kuratoren, Sammlern, Interessierten und dem ein oder anderen Museumsdirektor besteht. Marc Barbey ist gut vernetzt und setzt seine Kontakte für die Kunst und den Ausbau seiner Sammlung ein. So knüpft er Kooperationen mit internationalen Institutionen, Museen und anderen Sammlungen für den gegenseitigen Austausch von Arbeiten, gibt Kunstbücher zu seinen Künstlern heraus und verkauft Editionen zur Finanzierung der Sammlung.
Im Moment zum Beispiel hat er 50 Institutionen für eine Ausstellung zu Gorny angefragt. Angefangen hat er mit den Großen, darunter die Albertina in Wien, die Pinakothek in München und das Victoria Albert Museum in London. Wenn es um das Bühne schaffen für die Kunst selbst geht, dann hat Marc Barbey keinerlei Berührungsängste mit Blockbustern.
Collectin Regard: Öffnungszeiten
Die von Antonio Panetta kuratierte Ausstellung “Berlin-Mitte Mai 1979″ in der Collection Regard in Berlin ist bis zum 2. März 2012 zu sehen. Geöffnet ist jeden Freitag von 14 bis 18 Uhr.
Fotos: Sofia González