Rohkunstbau – Ausstellung in Schloss Roskow
Zum Weltuntergang aufs Land fahren? Muss nicht sein, denkt der Kunst-Liebhaber, der sich normalerweise im Berliner Zentrum bewegt und schon eine Fahrt an den Stadtrand für einen Ausflug ins Grüne hält. Doch! Muss sein! Denn „Apokalypse“, so der Titel der 21. „Rohkunstbau“ sollte man nicht verpassen. Im Adelsschloss aus dem 18. Jahrhundert, mit einem enthaupteten Ahnherrn, 1945 enteignet, vor wenigen Jahren von einem Nachfahren zurückgekauft, findet die Kunst ihren allerschönsten Rahmen. Nichts ist hier schick. Rohe Wände, rohe Böden, ein wilder Garten. Romantik pur. Denn hier hat kein reicher Erbe zugeschlagen, sondern einer, der sein Herz verloren hat und das Geld für die Renovierung zumindest zum Teil mit Kultur erwirtschaften will. Aber genug der Vorrede – zur Kunst!
Apokalypse – in jedem Ende steckt ein Anfang
„Apokalypse“ erzählt vom Untergang und Neuanfang, der in jeder Katastrophe steckt. Der Mitgründer und Direktor von Rohkunstbau, Arvid Boellert
Apokalypse ist der vierte Teil unserer „Ring-Ausstellung“ – in Anlehnung an den Ring der Nibelungen von Richard Wagner, nach „Macht“, „Moral“, und „Revolution“ in den letzten drei Jahren. Leider ist der aktuelle Kontext wahrhaft apokalyptisch, wenn man an die derzeitigen weltweiten Krisen denkt.
Der Kurator Mark Gisbourne wollte den Künstlern nichts vorgeben, sondern ihnen größtmögliche Freiheit lassen.
Die Künstler waren eingeladen, das Thema zu interpretieren, gerne mit Bezug zu diesem besonderen Ort. Dabei war mir wichtig, dem Untergang der Welt und seiner Systeme auch ironisch zu begegnen, um dem Ganzen die Schwere zu nehmen. Und daran zu erinnern, dass jedes Feuer auch eine reinigende Kraft hat, die Platz für Neues schafft.
Von Vulkanen, Achterbahnen und den Verlierern unserer Glitzerwelt
Die Moskauer Video-Künstlerin Olga Chernysheva beschäftigt sich kritisch mit dem heutigen Russland. Nach dem Zusammenbruch des Kommunismus klaffen die Kontraste zwischen Arm und Reich immer mehr auseinander. Im Video „Trashman“ zeigt sie einen jungen Mann, der im Kino als Müll-Einsammler arbeitet. Philip Grözinger, der in Berlin lebt und arbeitet, zeigt in „however this could be the beginning“ eine Möbiusschleife, Symbol der Unendlichkeit, die zugleich eine Achterbahn sein könnte, auf wackeligen Stelzen, verkabelt wie eine Bombe, die demnächst hoch geht, das Ganze bunt und fröhlich, Untergang in Rosa. Die Japanerin Leiko Ikemura, die ebenfalls in Berlin lebt, hat in Roskow eine Rauminstallation geschaffen, die aus Film, Skulptur und Malerei besteht. „Cloudgraphy“, das sind historische Aufnahmen von Wolkenformationen am Mount Fuji, gezeigt auf einer durchscheinenden Leinwand, „Memento Mori“ ist eine Figur, am Boden liegend, die wie ein vom Vulkan verschüttetes Mädchen wirkt, als Wesen schon nicht mehr Mensch und noch nicht Erde. Gerade der Vulkan ist klassischer Topos für Zerstörung, die Neues schafft. Eine Installation wie ein Meditations-Raum.
Zehn Künstler haben auf Schloss Roskow das Thema „Untergang und Neubeginn“ höchst spannend, tiefgründig, rätselhaft und berührend interpretiert. Die Ausstellung „Apokalypse“ läuft bis zum 6. September. Eine Einladung zum Kunstgenuss mit Landpartie, gerne mit Zwischenhalt an einem See und Picknick unter alten Bäumen. Rohkunstbau im Schloss Rostow garantiert für einen Tag im Sommerglück.
ROHKUNSTBAU_ ÖFFNUNGSZEITEN
Geöffnet an den Wochenenden von 10 bis 18 Uhr.
Ausstellung bis zum 6. September 2015
Roskow liegt eine knappe Auto-Stunde westlich von Berlin. Anreise auch mit Bahn und Bus möglich.
www.rohkunstbau.de / www.kulturschloss-roskow.de