Bei den GREIF Magazinmachern auf dem Dach
Wir sitzen auf einer hübschen kleinen Dachterrasse, löffeln Kartoffelsuppe mit Steinpilzen vom Italiener gegenüber und diskutieren über Fotografie, Kunst, Internet und die aktuelle Ausgabe des Fotomagazins mit dem kraftvollen Namen DER GREIF. Das Magazin erscheint zwei Mal im Jahr. Das Atelier von Simon Karlstetter, Matthias Lohscheidt und Leon Kirchlechner liegt allerdings nicht wie erwartet in Berlin, sondern im bayerischen Städtchen Augsburg. Als ich das Magazin das erste Mal bei Do you read me?! in die Finger bekam, war genau das einer der Gründe die drei zu besuchen. Viel zu selten schauen wir auch mal nach, was in anderen Ecken Deutschlands innerhalb der Kunstszene entsteht.
Großes Format, mattes Papier, gedeckte Farben – das Magazin erinnert eher an eine Zeitung. Seit 2008 werden zeitgenössische Fotografien und Literatur im GREIF kunstvoll aneinandergereiht. Inzwischen schicken Fotografen und Autoren aus der ganzen Welt ihre Arbeiten zum GREIF. Texte aus Deutschland oder Venezuela finden ihren Platz neben Fotografien aus Spanien oder Marokko. Was und wer gezeigt wird, entscheiden die drei Studenten gemeinsam. Für die Texte gibt es eine eigene Redaktion, bei dieser Ausgabe unter der Federführung von Florian Kreier, unterstützt von Mira Mann und Felicia Reinstädt, bei Ausgabe 4 und 5 unter der Leitung von Lydia Daher. Für die kommende Ausgabe haben 900 Fotografen und Autoren aus 62 Ländern insgesamt 5.300 Arbeiten eingereicht.
Das Redaktionskonzept – eine Gegenbewegung
Wer es mit welcher Arbeit und vor allem in welcher Konstellation ins Magazin schafft, entscheiden die drei Redakteure über Assoziationen, mal spielerisch-experimentierend, mal einer konkreten Idee folgend.
Wir erhalten jedes Mal ein breites Spektrum an Fotografie. Laien, Profifotografen und Künstler reichen bei uns ihre Arbeiten ein. Wir wählen die Fotos so aus, dass neue Konstrukte und Verbindungen entstehen, sagt Simon Karlstetter.
Was heißt das? Als ich das Atelier betrete, liegt gerade auf dem großen Tisch jene Auswahl an Fotografien, mit denen sie aktuell arbeiten. Einen ganzen Monat lang wird diskutiert, verschoben und neu sortiert bis Simon, Matthias und Leon zufrieden sind. Was sie leitet, ist kein Thema, kein Titel, eher verschiedene Fragestellungen. Man denke eher an einer Art Trance. Die Jungs lassen Wörter wie Leere, Rätsel, Untergang und Schwere miteinander kommunizieren und auf sich wirken. Mit viel Gespür für Ästhetik ordnen sie dann die Aufnahmen an. Ihre Auswahl spiegelt den Blick auf die Welt der drei wieder. Wir sprechen darüber, dass jede einzelne Fotografie und jeder einzelne Text eine starke Tiefe und Bedeutung haben kann, trotzdem geht es im GREIF auch um die wohldurchdachten Nachbarschaften.
Wir filtern und destillieren, und tun damit für unsere Leser etwas, für das sie keine Zeit mehr haben. DER GREIF ist eine Ode an die Entschleunigung der Flut an Bildern, die wir täglich im Internet vorgesetzt bekommen, sagt Leon Kirchlechner.
Ach ja, der Name: DER GREIF steht für greifbar, anfassbar machen. Ein Magazin mit einem Anfang und einem Ende, das Ruhe und Achtsamkeit in unser Leben bringen mag.
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Der Greif 6. Ausgabe: Release Parties
Berlin
10.11.2012, Beginn: 18:00
Pavlov’s Dog, Bergstraße 19, Berlin
Das Release-Event ist Teil des 5. Europäischen Monats der Fotografie. Bis 25.11. werden über 100 Ausstellungen in ganz Berlin gezeigt.
Augsburg
16.11.2012, Einlass: 19:00, Beginn: 20:00
Orangerie, Ludwigstr. 23, Augsburg
München
17.11.2012, Einlass: 20:30, Beginn: 21:00
Kong, Prielmayerstr. 6, München
Fotos: Jürgen Branz