CURART UND DER ONLINE KUNSTMARKT BOOM
Sie sind nicht die Ersten auf dem digitalen Kunstmarkt, aber als Michael Glattmann die Idee für CURART und den Verkauf von junger Kunst im Netz im Kopf hin und her schob, war vom Boom der Online-Kunstplattformen noch nichts zu spüren.
Das war vor zwei Jahren.
Seitdem vergeht gefühlt kaum ein Monat, ohne dass eine neue E-Commerce-Seite für Kunst gelauncht wird. Sie heißen Art.sy, artspace oder Artflash und verkaufen Kunst von aufstrebenden und bekannten Künstlern an junge und etablierte Sammler, meist als Edition, nicht selten in Kooperation mit Galerien und Museen. Eine Revolution im Kunstmarkt könnte man behaupten und die Frage stellen, wo das hinführen soll. Ist das jetzt das Ende der so mühsam zu kontrollieren versuchten Preispolitik im Kunstmarkt? Bedeutet dies das Aus für Galerien, oder dürfen beide Märkte leichtfüßig nebeneinander und miteinander fließen?
ZEIT FÜR TABUBRÜCHE IM KUNSTMARKT
Die Kuratorin Laura Claire Bakmann, Kommunikations- und Theaterwissenschaftlerin, und Michael Glattmann, Wirtschaftswissenschaftler, kennen sich schon seit Sandkistenzeiten. Euphemia v. Kaler zu Lanzenheim ist Kunsthistorikerin und kümmert sich bei curart um die PR und den Aufbau von Kooperationen. Sie ist sechs Monate vor dem Launch dazu gestoßen. Zusammen mit einem vierten Mitgründer bilden sie das Team hinter curart und sind seit November 2012 mit ihrer Plattform für ausgewählte junge Kunst im Netz. Mit den Standorten Berlin und Wien vertritt curart aktuell 20 junge Künstler und Künstlerinnen.
Über 90% der angehenden Künstler können sich auf dem Kunstmarkt nicht erfolgreich etablieren. Es ist doch noch immer ein absolutes Tabu, sich bei Galerien vorzustellen und wer dies trotzdem tut, wird ungesehen abgewiesen. Leider haben die meisten jungen Künstler keine Ahnung, wie man erfolgreich auf sich aufmerksam macht. Das bringt ihnen niemand auf den Kunsthochschulen bei.
Genau an dieser Stelle setzt curart an, indem junge Künstler ausdrücklich aufgefordert werden, sich um Aufnahme in das Galerieprogramm zu bewerben. Ähnlich wie in einer Galerie werden die von curart vertretenen Künstler professionell im Web präsentiert, durch PR- und Werbemaßnahmen in Kunstmagazinen sowie diversen Online-Kanälen bei der Selbstvermarktung unterstützt, bei der Auswahl der vorgestellten Werke gecoacht und in Pop-Up-Ausstellungen präsentiert (die erste curart-Ausstellung fand im Januar 2013 in Wien statt).
Wir bekommen fantastisches Feedback von den Künstlern. Es ist so schön zu sehen, wie diese regelrecht aufblühen, wenn man ihnen und ihrem Werk so früh Aufmerksamkeit schenkt.
Andreas Gruner, KRISTALLOMÄRL, 2010, 100 cm x 150 cm, Digitaldruck auf Alu-Dibond, Auflage: 8
Die Regeln für die Zusammenarbeit sind klar definiert: man arbeitet mindestens sechs Monate zusammen und geht gerne in die Verlängerung, wenn der Künstler es wünscht. Das alles ohne Exklusivbindung, curart lässt den Künstlern die Freiheit, auch mit anderen Galerien zu kooperieren.
Inzwischen hat curart die Produktpalette erweitert. Zusätzlich zu den bei curart präsentierten Originalen werden nun hochwertige Reproduktionsprints auf Alu-Dibond angeboten, in einer limitierten Auflage von 40 Stück.
Die Reproduktion zeitgenössischer Kunst war kunsthistorisch betrachtet schon immer ein erfolgreiches Konzept für Künstler, um die eigenen Bildschöpfungen bekannt und einer breiten Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Denn: Je mehr Reichweite ein Werk erlangt, desto größer wird langfristig auch dessen universelle Bekanntheit und umso wahrscheinlicher ist der damit verbundene Einzug ins kollektive Bildgedächtnis.
Johanna Creutzburg: Langsamer Tag
CURART TALENTSCOUTS
Laura, die Kuratorin bei Curart, ist viel und ständig unterwegs. Auf der Suche nach dem Nachwuchs mit Talent (und Marktpotenzial) durchkämmt sie Abschlussausstellungen der Kunst-Unis und Ateliers. Unterstützt wird sie durch ein dichtes Netzwerk aus lokalen Talentscouts, das in naher Zukunft alle Kunsthochschulen in Deutschland, der Schweiz und Österreich erreichen soll.
Sammler werden von curart gerne beraten, wenn sie es denn wünschen. Online und offline. Dabei setzen die curart-Macher auf die neue Sammlergeneration der Digital Natives, welche schon morgens im Bett mit dem iPhone und iPad durch den digitalen Kunstmarkt steuern.
UND? SIND DAS JETZT DIE NEUEN GALERISTEN?
Wir sehen uns nicht als Konkurrenz zu Galeristen.
Wir arbeiten mit ganz jungen Talenten und ohne Exklusivverträge. Wenn unsere Künstler von einer weiteren Galerie entdeckt werden, so sind wir in unserer Expertise für wegweisende und innovative künstlerische Positionen nur bestärkt worden. Wir wollen junge Kunst bekannt machen und sie erfolgreich auf dem Kunstmarkt platzieren. Wenn wir das erfüllen, sind wir glücklich.
Das Geschäftsmodell von curart basiert auf Provisionsbasis. Aber statt der in den meisten Galerien üblichen 50:50 Gewinnverteilung fließen dem Künstler 70% zu. Dazu fällt uns Charles Saatchi ein, der mit seinem Online-Galerieableger der Saatchi Gallery als Erster anfing, Künstler im Netz zu präsentieren und ihnen 70% Share zu versprechen. Heute sind es 16.000 und man könnte den Überblick zu verlieren.
Im Moment verkauft curart nach Deutschland, arbeitet aber europaweit mit jungen Künstlern zusammen. Geplant ist die Internationalisierung im Verlauf des Jahres.
Scheint zu funktionieren, das Kunstmarkt-Konzept mit dem Internet.
Fotos: Graeme Vaughan