Rivka Rinn: Ein Treffen in Berlin
Wir treffen Rivka Rinn über dem Himmel von Berlin – im Skycafe des Hotel „Andel´s“. Passt auf jeden Fall zu dieser Künstlerin, die mit „Accelerated Heaven“ ein sehr beeindruckendes Video geschaffen hat, unter anderem mit Bildern, die aus einem Flugzeug heraus aufgenommen wurden. Das Reisen spielt eine grosse Rolle im Werk der Fotografin. Abfahren, ankommen, und was passiert dazwischen? Kann man Geschwindigkeit, Bewegung künstlerisch festhalten?
Für mich waren das die Fragen, die mich interessiert haben: was entsteht durch das Sehen? Wie bildet sich ein Moment innerhalb einer Fahrt, oder einer Geschwindigkeit ab, wenn er gleichsam durch die Kamera eingefroren wird.
Im EC 31, dem „Romulus“ Expresszug zwischen Wien und Florenz, wo Rivka Rinn damals lebte, fing alles an.
Ich studierte damals Malerei in Wien und fuhr jede Woche mit dem Zug von Wien nach Florenz. Mit einer ganz einfachen Kamera begann ich zu fotografieren. Diese Kameras blenden Details aus, sie bilden nur das Wesentliche ab. Doch darauf kam es mir an.
Rivka Rinn wurde in einem Kibbuz in Israel geboren und wuchs dort auf. 1994 kam sie nach Berlin und stellte fest, dass hier die Erinnerung an den Holocaust allgegenwärtig ist. Selbst der Zug, in dem sie ankam, der IC 545, war benannt nach der jüdischen Schriftstellerin Else Lasker-Schüler, die aus Deutschland emigriert war. Zufall?
Wahrscheinlich gibt es keine Zufälle. Unser Ursprung entscheidet über unsere Seelen und bestimmt unser Leben.
Rivka Rinn: Poetin der Geschwindigkeit
„Poetin der Geschwindigkeit“ wird die Künstlerin in einem Ausstellungskatalog genannt. Sie reist nicht, um zu fotografieren, vielmehr fotografiert sie ihren unmittelbaren Alltag. Auf Flughäfen, auf Bahnhöfen, aus Zügen, aus Flugzeugen, auf Strassen, in Tunneln. Dabei entstehen verblüffende Momentaufnahmen, Fotos, die wie gemalt wirken mit einer zarten, geradezu lyrischen Ästhetik. Letztendlich geht es dabei immer um den Menschen und seine Suche nach dem Leben, das im Jetzt stattfindet und das man doch nie festhalten kann.
Wir haben nicht sehr viel Zeit, etwas zu betrachten, eigentlich haben wir für nichts Zeit. In dem Moment, wo wir etwas wahrnehmen, sind wir schon woanders.
Mir kommt da das Zitat von Goethes Faust in den Sinn „Werd ich zum Augenblicke sagen: Verweile doch, du bist so schön! Dann magst Du mich in Fesseln schlagen, dann will ich gern zugrunde gehen.“ Immer weiter streben, nie verweilen… Das ist auch für Rivka Rinn das Leben – und ihre Kunst. Im Moment ist sie in Israel, um dort an dem Projekt „Schwanensee in der Wüste“ zu arbeiten und auch da wird sie ganz dicht dran an Ihrem Leben sein