Michael Dannenmann: Die Ruhe der analogen Fotografie
Es ist kein Geheimnis, dass sich die Fotografie im Übergang von der analogen zur digitalen Technik sehr verändert hat. Die allgegenwärtige Präsenz durch die Verwendung von digitalen Kameras und Smartphones hat unseren Planeten mit einem Bildertsunami überrollt. Elektrisiert blättern wir uns durchs Internet, sichten die 500 Urlaubsbilder, die wir digital angefertigt haben und werden verfolgt durch das visuelle Dauerfeuer der Medien.
Je hektischer ich die digitalen Bilder konsumiere, umso ruhiger macht es mich, Bilder zu genießen, die noch analog entstanden sind so wie die Portraits von Michael Dannenmann.
Michael Dannenmann’s neues Buch: Portraits
In seinem neuen Fotobuch Portraits zeigt uns der Fotograf in großem Bogen sein künstlerisches Schaffen. Zurückhaltend im Layout, stehen seine Bilder angeschnitten auf der Doppelseite oder im klassischen Quadrat des Mittelformats.
Die Bilder entfalten eine Intensität und Kraft, wie sie vor allem der Einsatz der analogen Fotografie möglich macht. Es gibt keine Kontrollinstanz auf dem Monitor, auf der der Portraitierte seine Wirkung auf die Kamera überprüfen kann. Er muss sich dem Fotografen anvertrauen und Teil des Geheimnisses werden, das das Bild erst im Labor sichtbar macht, lange nachdem das Studiolicht erloschen ist. Man sieht Dannenmanns Bildern an, dass er dieses Vertrauen genießt.
Viele der portraitierten Künstler zeigt er in ihrem Atelier. Die Bilder kommen oft ohne Staffage aus: als Setting reicht eine Wand, ein Tisch, ein Stuhl in dem der Portraitierte seinen Platz findet. Die Inszenierungen sind streng, die Linienführung bemerkenswert. Nur sparsam werden Requisiten eingesetzt; so zeigt er den Fotografen Peter Lindbergh vor genau der Art von Segeltuch, das wir als wolkigen Hintergrund aus dessen fotografischen Werk kennen. Und erst auf den zweiten Blick fällt mir auf, dass der Künstler Günther Uecker auf einem Stuhl mit nagelbesetztem Stuhlbein sitzt. Auch bei Tony Craig bemerke ich die schräg gestellte Perspektive erst beim zweiten Hinsehen.
Mit seinen erst auf den zweiten Blick vielschichtigen Bildern gelingt es Dannenmann, einen Dialog mit dem Betrachter zu eröffnen, den ich bei jedem erneuten Öffnen des Bildbandes weiterführe.
Michael Dannenmann: Biographie, Kunst und Künstler
Michael Dannenmann (geb. 1959 in Stuttgart, lebt und arbeitet in Düsseldorf) zählt zu den wichtigsten zeitgenössischen Portrait-Fotografen. Eines seiner Talente ist es, in Sekundenschnelle das Essenzielle eines Menschen einzufangen. Unter den von ihm Portraitierten, sind häufig Künstler in ihren Ateliers. Im Buch finden sich u.a. Portraits von Markus Lüpertz, Richard Avedon, Stephan Balkenhol und Georg Baselitz.
Text & Fotos: Julia Braun
Julia Braun hat als ehemalige Projektmanagerin in einem bekannten Fotobuchverlag mit vielen Fotografen am Leuchttisch gestanden und dabei so manches über Kunstwerk und Künstler gelernt. Für ARTberlin schreibt sie über Bildbände für zeitgenössische Fotografie aus ihrer Sammlung und über Neuerscheinungen, die ihr am Herzen liegen. Bereits erschienen sind Hedi Slimane Berlin und Wolfgang Tilmans Neue Welt.