Jannis Kounellis – Arte Povera im Industrieraum seiner Galerie
Die Kohle kommt aus Deutschland, die Mäntel sind Altkleider aus Florenz. Jannis Kounellis fügt alltägliche Gegenstände zu einem Gesamt-Kunstwerk zusammen. Der 1936 in Griechenland geborene und seit seiner Jugend in Rom lebende Künstler gehört zu den Mitbegründern und wichtigsten Vertretern der Arte Povera. Wer die Galerie-Räume von Blain Southern in der alten Tagespiegel-Druckerei betritt, bleibt unwillkürlich stehen und hält kurz den Atem an. Jannis Kounellis´ Gefühl für Raum, Form und Farbe ist einfach umwerfend. Der Raum kommt bei ihm zuerst und dann die Idee, wie man ihn füllt.
Ich habe den Raum vor einigen Monaten das erste Mal gesehen. Phantastisch – diese Höhe, das Gefühl von Weite, ein klassischer, post-industrieller Raum. Was ich dann mit einem neuen Raum mache, ist intuitiv. Manche Materialien bringe ich mit, manche ergeben sich erst, wenn ich beginne, dort zu arbeiten.
Schwarze Mäntel aus weichem Stoff, mit dickem Garn zu einer Schlange zusammengefügt, die sich um kohlegefüllte Säcke windet. Mäntel, aufgebracht auf Eisenplatten als flache Wand-Skulpturen. Gewöhnliche Fleischermesser, die an riesigen Eisenplatten hängen. Und immer in perfekter visueller Harmonie.
Jannis Kounellis: Wenn Pferde zur beeindruckender Kunst werden
Jannis Kounellis benutzt für seine Kunst Dinge, die dem Alltagsleben und der Natur entstammen: Weizen, Reis, Kohle, Erde, Feuer, Eisen, Holz, sogar lebende Tiere, wie 1969, bei der berühmten Installation mit 12 Pferden. Immer sind es ganz gewöhnliche Dinge, Fundsachen oft, die über Farbe, Form und Beschaffenheit zu einem neuen, überraschenden Ganzen werden. Seit über 50 Jahren stellt er aus und ist weltweit in vielen großen Museen und Sammlungen vertreten. Auch in Berlin war er schon oft zu Gast.
Berlin kenne ich gut, ich war schon 1963 das erste Mal hier, damals war Berlin natürlich ein völlig anderer Ort. Ich kenne auch viele deutsche Künstler und schätze besonders die deutsche Malerei.
Noch ein Tipp zum Schluss: man sollte auf jeden Fall die Stufen in den 2. Stock der Galerie erklimmen. Der Blick von oben auf die Ausstellung hat fast etwas Meditatives. Blain Southern zeigt Jannis Kounellis noch bis zum 26. Januar 2013.
Text: Katrin Schirner
Fotos: Manolis Baboussis