Das Porträt des Komponisten hat mich durch seine Komposition begeistert.
Eine schwarze Fläche, matt schimmernd, übermächtig, eine Männerfigur, den Kopf aufgestützt, am linken Bildrand. Wie ein nach hinten fallendes „b“, dessen Bauch ausgefüllt ist, wirkt der aufgeklappte Klavierflügel, und fast scheint er diesen verschwindend kleinen Menschen zu erdrücken, der da so nachdenklich, schräg unter ihm, vor sich hinschaut. Geometrie versus Persönlichkeit, ein Bildaufbau, der durch seine Spannung fast unerträglich ist, scheint doch das Tiefenschwarze jegliches Gefühl zu verschlucken – ein Bildaufbau aber, der auch Ruhe ausströmt und Konzentriertheit, und der klar macht, dass die Musik das Leben dieser Person bestimmt, sie sich ihr gern unterordnet und dadurch wiederum an Größe gewinnt. Denn wie soll man auch jemanden wie den berühmten Komponisten und Musiker Igor Strawinsky fotografieren? Natürlich mit oder an seinem Arbeitsinstrument, dem Flügel. Und dass Arnold Newman diese beiden Zutaten, den Porträtierten und sein vertrautes Umfeld, so dicht zusammenrückt, dass sie fast miteinander verschmelzen, zeigt sein Faible für die intensive Beschäftigung mit Charakteren, die er am liebsten in ihrer Umgebung fotografiert.
Als ich das Porträt von Igor Strawinsky zum ersten Mal sah, muss ich etwa 15 gewesen sein. Meine Mutter schenkte mir zwei Fotobücher, eines, bei dem es um Colorierung von Schwarz-Weiß-Fotos ging, das andere war „Arnold Newman: One Mind’s Eye. The Portraits and Other Photographs“. Ich war in der Foto-AG meiner Schule, besaß eine eigene Dunkelkammer und machte mich erst einmal daran, meine Abzüge mit roter Farbe zu surrealen Settings zu verwandeln. Bei uns waren ungewöhnliche Effekte beliebt, daher kam das Colorieren gut an, dagegen die große Kraft, die von Newmans Porträts ausging, habe ich vermutlich damals, auch wenn ich das Buch unzählige Male anschaute, nicht begriffen.
Credit: Arnold Newman: Selfportrait. ©Getty Images/Arnold Newman, Courtesy of C/O Berlin
Der Fotograf Arnold Newman
Arnold Newman, geboren 1918, starb 2006 in New York. Seine Porträts von Picasso, Adenauer, Kennedy, Capote, Dali, der Monroe – und eben das von Strawinsky – sind zu Ikonen geworden. Zur Zeit sind sie übrigens bei C/O Berlin ausgestellt (noch bis 20. Mai 2012).
Arnold Newmann Ausstellung bei c/o Berlin
Arnold Newman. Masterclass
Retrospektive
3. März bis 20. Mai 2012
Das Interview zur Fotografie Sammlung von Nadine Barth
Künstler in Berlin
Credit Titelbild: Arnold Newman: Igor Strawinsky, New York 1946. ©Getty Images/Arnold Newman, Courtesy of C/O Berlin