I date art.

 

I date art.

Wie macht man sich als Art Consultant erfolgreich selbstständig und wohin entwickelt sich der Art Lending Markt? I date art. Gründerin Dr. Franziska Ida Neumann gibt uns Antworten

Mit I date art. hat Dr. Franziska Ida Neumann einen charmanten Namen für ein recht komplexes Business gefunden. Die Gründerin der brandneuen „boutique consulting company for art related businesses” bewegt sich mit viel Erfahrung zwischen Kunst- und Finanzwelt, berät Banken, Start Ups, Investoren, Design Hotels und Sammler beim Kauf und dem Leihen von Kunst und teilt ihre Liebe zur Kunst und dem Business dahinter in Vorträgen und Workshops.

Wir haben Dr. Franziska Ida Neumann zum Interview getroffen und sie gebeten ihr Insiderwissen zur Zukunft des Art Lending Markt, den unterschiedlichen Blickwinkeln von Kunst- und Finanzwelt auf den Wert eines Kunstwerkes und die Lösung dazu zu teilen. Außerdem schenkt sie uns ihre persönlichen Tipps für ein aufregendes Gallery Weekend Berlin, das am 27. April 2018 startet.

I-date-Art-GründerinFoto: Nadine Gossow

Franziska, wie kamst du dazu „I date art.“ zu gründen?

Mein Entschluss I date art. zu gründen, war weniger ein entscheidender Moment als vielmehr ein Prozess. Ich habe in den vergangenen Jahren gesehen, dass es auf dem Kunstmarkt einen großen, bislang noch ungedeckten Bedarf an Fachleuten gibt, die an der Schnittstelle zwischen Kunst und Wirtschaft stehen und beide Seiten in ihren Bedürfnissen verstehen und diese bedienen können.

Die Bezeichnung „boutique consulting company for art related businesses” beschreibt I date art. wohl am besten. Das Feedback ist bislang ausschließlich positiv, was mich in meiner Entscheidung bestärkt.

Was sind deine Philosophie und Mission?

Alles für die Kunst!

Diese Philosophie begleitet mich schon viele Jahre und steht für die Passion hinter meinem Beruf. Wer beruflich mit Kunst arbeiten möchte, muss Leidenschaft einbringen. Alles andere wäre halbherzig. Ich glaube daran, dass sich qualitativ hochwertige und verbindliche Arbeit immer durchsetzt. Direkte und kurze Entscheidungswege sind mir wichtig. Ebenso zielorientiertes Handeln.

Mit wem arbeitest du?

Ich arbeite oft auf direkte Empfehlung. Diese Art des Kontakts mag ich persönlich sehr gerne, da sie immer auch ein positives Feedback meiner Arbeit bedeutet. Meine Kunden sind Sammler, Galeristen, Künstler und Investoren aus dem In- und Ausland. Dieses Netzwerk ist in den letzten Jahren gewachsen und mit vielen meiner Kontakte bin ich auch privat sehr nett verbunden. Für die Umsetzung meiner Projekte arbeite ich mit bewährten Partnern aus der Logistik- und Versicherungsbranche, Wissenschaftlern, Restauratoren und Juristen mit Fachbezug zur Kunst zusammen.

Was braucht es aus deiner Perspektive um im Art Consulting erfolgreich zu sein?

Der interdisziplinäre Ansatz und das Verständnis für die Belange und Interessen aller Beteiligten sind für mich entscheidend. Einerseits ist es wichtig, einen Überblick über den aktuellen Kunstmarkt sowie zu den Vorgängen im Hintergrund zu haben, andererseits aber auch die nahestehenden Bereiche aus Wirtschaft und Technik nicht aus dem Blick zu verlieren. Das Fachgespräch über Kunst ist genauso wichtig wie eine exakte Kostenkalkulation oder das Wissen um websitespezifische Darstellungen von Inhalten mit Kunstbezug.

Wie denken Investoren? Was ist für den Sammler wichtig? Welche Zwischenfinanzierung bietet die optimale Lösung für Galeristen? Wie passe ich eine Website an die Bedürfnisse meiner Kunden an?

Dieser Dreisatz aus Kunst, IT und Wirtschaft verbunden mit universitärer Lehre und Fachvorträgen sind die Eckpfeiler von I date art..

Du bewegst dich zwischen Finanz- und Kunstwelt, kennst beide Seiten. Wo siehst du die größten Herausforderungen in der Zusammenarbeit?

Gerade im Bereich des Blue Chip Marktes werden Geschäfte oftmals noch per Handschlag besiegelt. Gentlemen Agreements auf HNWI Niveau sind keine Seltenheit. Das steht oft im ausgeprägten Gegensatz zur stark regulierten Finanzwelt. Viele Finanzexperten verstehen nicht, wie die Preise auf dem Kunstmarkt zustande kommen. Banker und Investoren fragen immer nach einem konkreten Output sobald eine Investition getätigt werden soll. Die Kunstbranche setzt oftmals andere Prioritäten. Sammler erweitern Ihre Collection so z.B. aus ästhetischen Gründen und erschaffen „nebenbei“ einen monetären Mehrwert. Die Diskussion um Kunst als Asset Klasse legt das Problem offen: Während das Reden über „metaphysische Ebenen, Formen und Farbe im Raum“ oder „die Aura“ (wunderbar nachzulesen bei Walter Benjamin!) für die kunsthistorische Bedeutung und damit für den monetären Wert eines Kunstwerkes evident ist, steigen fachfremde Gesprächspartner an diesem Punkt gedanklich aus der Unterhaltung aus. Das ist für viele zu abstrakt, gehört jedoch dazu. Wer das nicht verinnerlicht, darf nicht erwarten, auf dem Kunstmarkt akzeptiert zu werden.

Die größte Herausforderung ist demnach das gegenseitige Verständnis für komplett konträre Welten.

Gibt es Unterschiede im Hinblick auf den finanziellen Wert eines Kunstwerkes aus Bank- vs. Sammlerperspektive?

Das ist ein heikles Thema, weil vielfach stark emotionsgeladen. Eine Bank bewertet Kunst aus Risikosicht naturgemäß eher konservativ. Ein Sammler hingegen sieht eher das zukünftige Potential der Arbeit. Die Vorstellungen gehen mitunter weit auseinander. Da braucht es eine konstruktive Vermittlung und viel Feingefühl. Neben der Bewertung von Kunstwerken durch Banken oder Sammler kann auch der materielle, ideelle oder kunsthistorische Wert diskutiert werden. Und es gibt, nicht zu vergessen, auch die spezifische Einschätzung für Versicherungen und Gerichte zur aktuellen Marktsituation. Diverse Parameter müssen bei der Evaluation berücksichtigt werden. Entscheidend ist immer der Ausgangspunkt der Betrachtung: Soll die Bewertung z.B. konservativ in Hinblick auf das Risiko oder optimistisch in Bezug auf die Marktentwicklung erfolgen. Die Auseinandersetzung mit dieser Thematik kann sehr intensiv sein und braucht gute Argumente.

Was macht deine Arbeit so belohnend?

Die schönsten Momente erlebe ich, wenn ich im Kunstlager arbeite. Die Kunstwerke im Showroom eines Lagers zu sehen, die Spannung, wenn es aus der Klimakiste und der Tyvek-Verpackung geholt wird, ist toll. Dann ist die Kunst einfach nur Kunst. Reduziert auf sich selbst, ohne großes Ausstellungskonzept als Begleitprogramm.

Wer sich die Zeit nimmt und eine Viertelstunde lange das Kunstwerk mit all seinen Details betrachtet, ohne dass jemand anderes dabei ist, wird begreifen, dass er anfängt, wirklich zu sehen.

Wohin entwickelt sich der Art Lending Markt aktuell?

Im Bereich des Art Lending und der sachwertbesicherten Darlehen ist in den letzten Jahren sehr viel passiert. Global Player wie Sotheby’s sind in den Markt eingestiegen und haben das Thema damit einer breiteren Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Amerikanische Großbanken bieten diesen Service für vermögende Kunden in abgewandelter Form seit den 1970er Jahren an. In den vergangenen 5 Jahren haben sich viele so genannte Boutique Lender mit oder ohne direkter Kapitalunterlegung gegründet. Die Zentren sind London und New York. Da das Geschäft aber international abgewickelt wird, ist es keine Seltenheit, dass ein französischer Sammler mit Wohnsitz in Luxemburg amerikanische Kunst über ein deutsches Finanzinstitut beleihen lässt und die Arbeiten dabei in der Schweiz oder London eingelagert werden.

Im Moment besteht der größte Unterschied zwischen den Anbietern noch im Zinssatz und dem damit einhergehenden Serviceangebot für die Kunden. Ich gehe davon aus, dass sich die Branche in den kommenden Jahren weiter stark entwickeln wird.

Die Variante der Einlagerung von beliehenen Arbeiten in Kunstlagern, wird mittelfristig überholt sein.

Zukünftig könnten Kunstwerke in Galerien oder Sammlungen verbleiben und dort direkt ausgestellt werden. Niemandem würde auffallen, ob eine Arbeit beliehen ist oder nicht, da diese die Sammlung nicht mehr temporär verlassen muss.

Weitere Entwicklungen in der Branche werden sich durch den zukünftigen Personalwechsel ergeben. Bislang ist es noch zu keinem signifikanten Personal- und damit auch zu keinem direkten Erfahrungsaustausch zwischen den Unternehmen im Bereich Art Lending gekommen. Sobald dieser Vorgang einsetzt, wird sich der Wettbewerb verschärfen, da Wissen übertragen und neu gebündelt werden kann. Das ist sehr spannend. Es lohnt sich in jedem Fall, die Entwicklungen zu verfolgen. Langfristig glaube ich an das Modell des Art Lendings. Sachwertbesicherte Darlehen sind eine sehr gute Option zur Überbrückung von kurz- oder mittelfristigen Liquiditätsengpässen. Das Privatvermögen des Kunden spielt dabei keine Rolle, allein die Kunst wird zur Besicherung des Kredites herangezogen. Das Angebot ist z.B. für Galeristen interessant, die eine Messe oder den Ankauf neuer Werke zwischenfinanzieren wollen. Genauso kann es aber auch das bei Investoren beliebte und von Sammlern verachtete Art Flipping unterstützen.

I-want-to-be-an-artist-tooFoto: I want to be an artist too, copyright: Jan Kuck

INSIDER TIPPS ZUM GALLERY WEEKEND 2018

Was sind deine 3 Must-See-Orte oder Ausstellungen?

Bernheimer Contemporary wird zusammen mit La Maison VSF im Rahmen der Ausstellung WONDERLAND II ein Konzert von BOBO & HERZFELD feat. ZABELOV im Kornversuchsspeicher, Heidestraße 20c, 10557 Berlin am 26. April 2018 veranstalten. Die Location ist großartig! Eine Anmeldung ist für das Konzert erforderlich. Die Ausstellung im Speicher ist ohne Voranmeldung für Besucher geöffnet.

Generell empfehle ich allen Interessenten am Gallery Weekend unbedingt spontan die Möglichkeit wahrzunehmen, Sammlungen zu besuchen, die sonst nur nach Voranmeldung geöffnet haben. Ich denke in diesem Zusammenhang z.B. an die Collection von Karen und Christian Boros. Der Bunker in der Reinhardtstraße ist auf jeden Fall einen Besuch wert.

Mit Blick auf das Ausstellungsprogramm empfehle ich keine konkrete Anlaufstelle, sondern die Möglichkeit zu nutzen, sich durch die teilnehmenden Galerien treiben zu lassen und den Hauch von internationalem Flair wahrzunehmen, der durch die Hauptstadt zieht, wenn Sammler, Kuratoren, Museumsdirektoren und Galeristen aus aller Welt nach Berlin kommen, um an den Veranstaltungen teilzunehmen.

Welcher Künstler ist momentan ein heißer Tipp von dir?

Ich finde die Entwicklung zweier Künstler derzeit sehr spannend und vielversprechend: Da wäre zum einen Anna Leonhardt. Sie arbeitet mit abstrakter Malerei und wird von der Galerie Marc Straus, New York, vertreten. Ihre Arbeiten wurden bereits in New York und Singapur gezeigt.

Anna Leonhardt: Ohne TitelKünstlerin: Anna Leonhardt, Ohne Titel II, 2013-2015

Der zweite Künstler ist Jan Kuck. Er wird von Isabel Bernheimer vertreten. Seine Neon-Installation I want to be an artist too war einige Zeit auf der Museumsinsel in direkter Nachbarschaft zum Bode Museum zu sehen und hat dort medial für Aufsehen gesorgt. Neben den Neonarbeiten befasst sich Jan Kuck im Rahmen seiner Installationskunst auch mit aktuellen Gesellschaftsthemen. Beide Künstler sollte man, auch als Sammler und Investor, im Auge behalten.

Vielen Dank!