Akt 5: Szene 7 aus Hamlet, William Shakespeare
“There is a willow grows askant a brook,
that shows his hoary leaves in the glassy stream”
Da wächst ‘ne Weide, die zum Bach sich neigt,
und in den Strom die Silberblätter spiegeln”
Heather Betts: Of her face 2015 22 x 16 cm Charcoal and pigment on etching paper,
Heather Betts liebt die Synthese von Kunst, Musik, Theater und Literatur.
In der ruhigsten Ecke, direkt am am Fenster der Galerie House of Egorn schwebt ein in rot getünchtes Wesen Richtung Himmel. Die schemenhaften Umrisse einer menschlichen Gestalt, geformt aus Textil, Pigment, Papier, Modelliermasse und Metall. Unter ihr bleibt der korrespondierende Körper der Skulptur zurück. Selten habe ich Seele so auf den Punkt getroffen erlebt wie in „Sweet Breath“ (2015).
Sweet Breath 2015 90cm high, 180cm from floor Textile, paper, modelling mass, wood, metal
Es ist Donnerstagabend als wir die zwischen Melbourne und Berlin lebende Künstlerin Heather Betts (1962*) bei ihrer Ausstellungseröffnung in der Galerie House of Egorn kennenlernen. Die Arbeiten in „A Willow Grows Askant a Brook“ leuchten in Jadegrün, warmen Rot und Ockergelb auf großformatigen Ölbildern, zarten Skulpturen und Zeichnungen. Heather Betts erzählt hier die Geschichte von Hamlet’s Ophelia, ihrem mystischen Tod durch Ertrinken und der Welt, die sich ihr auftut als sie dem Wahnsinn verfällt.
Green Girl 2015 190 x 80cm Oil, pigment, charcoal and shellac on canvas and fabric
Das Zusammenspiel von Shakespeare und Heather Betts Kunst ist nicht zufällig, die Künstlerin liebt die Synthese von Kunst, Musik, Theater und Literatur und das nicht nur im Atelier. Die Arbeiten in der Ausstellung sind nicht nur von Hamlet sondern auch von der Arbeit ihres Mannes, dem Komponisten Brett Dean’s inspiriert. Die Werke bei House of Egorn stehen im Dialog mit der von ihm komponierten klassischen Symphonie ‚From Melodious Lay’.
Heather Betts übersetzt die Eigenschaften von Ophelia, ihren Mut mit den Erwartungen ihrer Zeit zu brechen, zu ihren Überzeugungen zu stehen und sich in den Gesetzen fremder Welten verlieren zu können, entweder direkt über das Bildnis von Ophelia oder über Figuren, die auf diese anspielen. Die Charaktere auf Hetts Bildern schweben frei im Raum, oft nur als Kopf erkennbar, den sie mit schwarzer Kohle umreißt – die Materialisierung der Körper übernimmt die Vorstellung. Zarte Spitze und edler Damaskus webt sie in die Leinwand ein und transportiert darüber die zerbrechliche Schönheit der weiblichen Form um sie dann mit leuchtenden Pigmenten con fuoco „zu beschmutzen“.
Heather-Betts: He lets me go 2015 160 x 140cm Oil and charcoal on canvas
Heather Betts: Overthrown, 2015 200 x 170cm Oil, charcoal and textile on canvas
Die Künstlerin erzählt uns, dass manche Bilder über mehrere Monate entstehen, da sie den Abstand dazu braucht, um die Kommunikation mit ihnen wiederaufzunehmen und immer tiefer werden zu lassen. Was Heather Betts beschäftigt sind die großen Themen des Lebens. In ihrer Kunst setzt sie sich mit Gefühlen, Verbindung, Beziehung, Evolution und Instinkt auseinander. Die Zyklen die hieraus entstehen basieren auf Opern, Mythologie, Geschichte, Literatur und ihren eigenen Lebenserfahrungen. Was Betts unumstritten darüber hinaus faszinierend gelingt, ist das Spiel mit Dimensionen aus einer anderen, auralen Welt.
Ausstellung: A Willow Grows Askant a Brook
Laufzeit der Ausstellung: 5. Februar 2016 – 5. März 2016
Addresse: House of Egorn / Schöneberger Ufer 51, 10785 Berlin
Über die Künstlerin
Heather Betts lebt und arbeitet in Berlin und Melbourne.
Ausgewählte Ausstellungen: Hamlet in Melbourne und Berlin (2013, 2014); Joy and Disturbance bei Lindberg Contemporary Art, Melbourne, Australia (2010); Parsifal and the Innocent in Berlin, Melbourne and Copenhagen (2006); Elektra at GalerieTammen und Busch (1995); In Suspension, Neuer Berliner Kunstverein, Berlin (1992); Eyecatcher, Künstlerhaus Bethanien, Berlin (1990); Künstler 90, Preysing Palace, München (1990); and Salome-Daphnis and Chloe-Water-Night bei Gallery Pels Leusden, Berlin (1990).