99 Fragen in der CFA Gallery
Moritz von Uslar hat seine, von mir sehr gern gelesene, Interviewkolumne im ZEITmagazin „99 Fragen an …“ auf die Bühne gebracht. Oder besser gesagt: in die Contemporary Fine Arts Galerie, also known as CFA Gallery, im schönen Chipperfield Quader am Kupfergraben. Das Interviewprinzip sollte dasselbe bleiben: Moritz von Uslar befragt seinen Gast ca. 45 Minuten in einem schnellen Interview. Furchtlos, assoziativ, temporeich und ungewohnt ist der Duktus. Ich war gespannt wie Moritz seinen ersten Gast live dort hindurch peitschen würde.
Eingeladen hatte er sich an jenem Abend den Schriftsteller Daniel Kehlmann, desse Roman „Die Vermessung der Welt“ einen wahnsinnigen internationalen Durchbruch feiern durfte, in mehr als 40 Sprachen übersetzt wurde und gerade verfilmt wird. Das Drehbuch, auch dies, wurde von Herrn Kehlmann selbst geschrieben.
Über Erfolg und Krise wollten die beiden sprechen. Ich habe mir erlaubt, einige der knackigsten Antworten Daniel Kehlmanns hier nieder zu schreiben. Keine Monologe, keine Erzählung, also bitte schön der Autor.
- Wenn das mit dem Schreiben funktioniert, wird das Leben deutlich asozialer.
- Ich habe mir ein Yogaprogramm zusammen stellen lassen – gegen bleiernde Müdigkeit.
- Als die Vermessung der Welt zum Bestseller wurde, haben viele bei sich gedacht: Das liest jetzt jeder, das ist nichts für mich.
- Klar macht es Spaß, ein Superstar der Literatur zu sein.
- Die gerechte Kritik ist die einzig sinnvolle. Dabei kann auch negative Kritik etwas Gerechtes haben. Aber es hat eine unglaubliche Scheußlichkeit, wenn Redakteure beschließen einen Autor vom Sockel zu holen.
- Eine Ruhmvermeidungs-Strategie brauche ich erst wieder, wenn das neue Buch fertig ist.
- Warum Erfolg etwas Verbotenes anhaftet? Weil es einen großen Massentourismus für schlechte Bücher gibt. Aufgrund dessen glauben viele, dass ein Buch, das so viele gelesen haben nicht gut sein kann.
- Literarische Freiheit ist, den Erfolg nicht wiederholen zu müssen.
- Ich brauche ein gewisses Gefühl der Freude und Energie: eine Idee bevor ich los schreibe.
- Ich bin nur glücklich, wenn ich schreibe.
- Solange ich Projekt sage und nicht Buch, habe ich das Gefühl, dass ich es noch aufgeben kann.
- Es ist ja schon jeder Satz geschrieben worden, nur nicht von jedem.
- Die Liebe hat mir durch die dunkle Zeit geholfen – darf ich das sagen? – I love it, kommt es knapp von Moritz zurück. Wir auch.
- Man ertappt sich dabei, innere Statements beim Zähne putzen abzugeben, das muss man sich schnell wieder abgewöhnen.
Seine persönliche Talenteinschätzung auf einer Skala von 1 bis 10 fällt Daniel Kehlmann nicht unbedingt leicht, er neigt zur schwammig vorsichtigen Antwort, eine zarte 3 sozusagen, bis die Frage nach dem Bundespräsident kommt.
- Ich als Goethe 3
- Ich als Streber 3
- Ich als Spießer 3
- Ich als Buchkritiker 8
- Ich als Rock n Roll Star 1
- Ich als Gesellschaftsnudel 3
- Ich als Bundespräsident 10
NÄCHSTE 99 FRAGEN-VERANSTALTUNG MIT PEER STEINBRÜCK
„Moritz von Uslar spricht Peer Steinbrück“ am 12. Dezember 2012
Galerie Contemporary Fine Arts in Kooperation mit DIE ZEIT
Fotos: DIE ZEIT / Sina Julia