Fré Ilgen: Eine Biographie ist nicht genug
Fré Ilgen öffnet uns die imposante Jugendstiltür. Wir treten ein in einen holzgetäfelten quadratischen Raum und blicken in die offenen Augen zweier Künstler, die ihre Bestimmung zwar in der Kunst aber noch lange nicht in nur einer Rolle gefunden haben. Fré Ilgen hat eine beeindruckende Biografie. Er ist sowohl Künstler als auch Kunstsammler, Autor, Wissenschaftler und Kurator. Zusammen mit seiner Frau Jacqueline veranstaltet er zudem zwei Mal im Jahr den Checkpoint Ilgen, einen privaten Kunstsalon. Das klingt nach eiserner Disziplin und Adrenalin. Ist es aber nicht. Wer vor ihm steht, der sieht einen entspannten Mann, der scheinbar nichts anderes tut, als seinem wachen Geist zu folgen, der ihn in all diese Felder schickt, um Kunst zu produzieren, anzuwenden und anderen zu vermitteln. Wenn man so möchte, dann ist Jacqueline Ilgen sein Spiegelbild.
Ich mag es nicht, mich rechtfertigen zu müssen, dass ich Fré in seinen Aktivitäten unterstütze, anstatt meine Karriere als Künstlerin zu verfolgen. Ich liebe was ich tue, aber vor allem bei Frauen ecke ich damit an.
erzählt sie uns später mit einem extrem charmanten Stirnrunzeln, während wir durch die acht Räume voller Kunst wandern und dem goldenen Buddha am Eingang zur Bibliothek über den Bauch streicheln.
Die private Sammlung der Ilgens in Berlin
Die Kunstsammlung der Ilgens ist keine von denen, die man auf den ersten Blick verstehen und einordnen kann. Sie ist vielmehr der Abdruck ihrer eigenen Künstlerperspektive und ihren Beziehungen zu den Künstlern hinter den Werken. Jede dieser Arbeiten erzählt eine Geschichte. Oder wie Fré Ilgen es formuliert:
Die Kunstwerke an der Wand sind keine flachen Gemälde. Es ist als ob wir durch diese Werke in eine Welt schauen und damit den ganzen Raum auflöst.
Fré und Jacqueline Ilgen haben sich während ihres Kunststudiums kennengelernt. Die Neugier und die Leidenschaft für das Experimentieren und Explorieren von Kunst brachte sie zusammen und trieb sie rund um die Welt mit Stationen in China, Saudi-Arabien, Korea, USA und immer wieder in ihrer Heimat Holland. Dort steht ein altes Bauernhaus, das sie magisch anzog, beschäftigte und erdete. Aber niemals genug war.
Diese Leere! Diese schreckliche Leere. So wenig Kunst um uns herum, das halten wir nicht aus.
wird es später aus Jacqueline Ilgen heraus platzen. Als wir an diesem Vormittag die weitläufige Charlottenburger Altbauwohnung der Ilgens durchwandern, erwartet uns ein Universum, das sich um einen Planeten dreht. Kunst ist der Sauerstoff für die beiden und das ist keine Plattitüde.
Das Guggenheim im privaten Kunstsalon: Checkpoint Ilgen
Um das Universum einmal aufzuspannen, reicht es vollkommen aus, sich die aktuellen Projekte um Fré und Jaqcueline Ilgen anzuschauen. Im Juli findet wieder ihr privater Kunstsalon statt. Der Checkpoint Ilgen zieht regelmäßig Gäste aus der ganzen Welt an, um über Kunst und ihre Wirkung zu diskutieren. Direktoren des Guggenheim Museum New York, Kunstkritiker, Botschafter aus Indien, Brasilien oder dem Irak, einige wenige ausgewählte Galeristen, Kunstsammler wie Ulla and Heiner Pietzsch, aufkeimende Jungkunststars wie Christian Awe drängeln sich dann im Wohnzimmer der Beiden und konzentrieren sich. Auf die Kunst und ihre Erlebnisse mit ihr. A night to remember, wir werden im Juli davon berichten. Parallel arbeitet Fré Ilgen an neuen dreidimensionalen Skulpturen, Zeichnungen und Gemälden. Im Herbst 2011 wird er die Ausstellung „Empire State Expres“ im Neuen Museum für zeitgenössische Kunst in Korea eröffnen. In seinem Atelier entstehen währenddessen Skulpturen für eine Sparkasse. Glamour neben Corporate Bodenständigem. Das ist für Fré Ilgen kein Widerspruch. Es geht ihm um die Kunst, und die soll möglichst viele Menschen erreichen. Ach ja, an den übrigen Tagen (und ich tippe stark auch auf die Nächte) schreibt Fré Ilgen gemeinsam mit einem Neurowissenschaftler an einem Buch, baut für einen Unternehmer in Korea dessen imposante Unternehmenssammlung auf oder führt Kunstsammler aus Japan durch das Berliner Kunstgeschehen. Das ist bemerkenswert. Was aber berührt ist seine und Jacquelines Ausstrahlung dabei. Eine Mischung aus nie endender Neugier gepaart mit einem liebevollen Blick für die Details und einer warmen Offenheit gegenüber den Menschen, denen sie dabei begegnen. Egal ob das Museumsdirektoren, Künstler oder angehende Kunstblogger sind. Mehr zu Fré Ilgen und seinem Werk gibt es auf seiner Webseite.
Zum Kunstführer von Fré Ilgen
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