Online Kunst ersteigern
Wir haben uns langsam an die Kunst auf dem digitalen Bild gewöhnt. Die erste Schrecksekunde ist überwunden, und inzwischen wird Kunst auch im Internet gekauft. Es gibt Online-Kunstmessen, Online-Biennalen, Online-Galerien, und schon seit einigen Jahren streamen auch die großen Auktionshäuser ihre Kunstauktionen für Sammler mit, die nicht im Saal sitzen können oder wollen. Dazu gibt es die Apps, mit der hochaufgelöste Fotos und Videos auf Sammler-Smartphones in Asien, Amerika oder Europa landen.
In Berlin ist das Startup Auctionata dabei, sich einen guten Ruf mit Livestream-Auktionen zu machen. Seit Mai 2013 überträgt Auctionata aus dem eigenen TV-Studio mehrmals wöchentlich seine Livestream-Auktionen. Wem das zu schnell geht, der kann im kuratierten Online-Shop Kunst und Antiquitäten erstehen. Auctionata nennt diesen „Deutschlands größten Online Shop für Kunst, Antiquitäten und Sammlerobjekte“. Aktuell sind das, um genau zu sein, 16.962 Objekte, die Preise reichen von € 100 bis € 300.000, die Objekte vom Gemälde bis zum Steiff Teddybär von Alten Meistern bis zeitgenössischen Superstars. Auf den Auktionen geht dann auch mal ein Egon Schiele mit einem Startpreis ab 1 Mio € los.
Die Gründer Georg Untersalmberger und Alexander Zacke sowie das Team aus Schätzern, Kunst- und Online-Experten haben also Ahnung und einiges an Erfahrung mit dem Online-Kunsthandeln gesammelt. Grund genug, mal genauer nachzufragen.
Wie überzeugt ihr eure Kunden vom Kunstkauf im Internet? Für viele ist ja immer noch der Kontakt mit dem Original entscheidend für den Kauf. Emotional als auch rational, was Wert und Echtheit betrifft.
Sicherlich ist die Wirkung, welche ein Kunstwerk auf den Betrachter hat, an einem Computer eine andere, als wenn man selber vor dem jeweiligen Kunstobjekt steht. Trotzdem sorgen hochauflösende Bilder und die Möglichkeit von 3D-Darstellungen dafür, einen guten ersten Eindruck von Gemälden und Plastiken zu erhalten.
Ein weiterer Vorteil ist, dass man die Angaben zu bestimmten Gemälden unmittelbar über Suchmaschinen nachprüfen kann. Auch hinsichtlich der Bedeutung bestimmter Kunstrichtungen oder einzelner Künstler kann man sich auf diese Weise schnell eine Übersicht verschaffen. Anders als im Rahmen des Besuchs einer Galerie, erhält man so eine Vielzahl unterschiedlicher Meinungen. Und gerade in Bezug auf Kunst kommt es darauf an, sich einen möglichst umfangreichen eigenen Fundus an Informationen zu erschließen. Dies gilt erst recht dann, wenn die gekaufte Kunst nicht nur als Einrichtungs-, sondern auch als Investitionsobjekt betrachtet wird.
Welche Erfahrungen habt ihr mit eurer Zielgruppe gemacht? Für wen ist der Kunstkauf im Internet interessant?
Für alle, die sich intensiv mit den Mechanismen, aktuellen Entwicklungen und Tendenzen auf dem Kunstmarkt vertraut machen wollen. Doch auch für Menschen, die lediglich der Einrichtung ihrer Wohnräume eine individuelle Note verleihen wollen, bietet das Internet in Sachen Kunsthandel echte Vorteile. Statt sich durch umfangreiche digitale Kataloge zu quälen, bieten viele Kunstportale die Möglichkeit einer Vorauswahl nach bestimmten Suchkriterien. Auf diese Weise können Kunstwerke nicht nur nach Größe und Preisklasse, sondern auch hinsichtlich Genre und Farbgebung gefiltert werden.
Galerien sind oft auf ein bestimmtes Genre festgelegt und verfügen häufig nur über eine begrenzte Ausstellungsfläche. Im Internet ist es dagegen möglich, die volle Bandbreite der jeweiligen Galerie in Augenschein zu nehmen.
Wie hat sich der Auktionshandel durch den digitalen Wandel verändert?
Sämtliche Rekordsummen für den Ankauf von Gemälden der letzten Jahre wurden im Rahmen von Auktionen erzielt. Je stärker der Trend im Internet in Richtung Web 2.0 geht, desto wichtiger werden Mitmachfunktionen auch für den Online-Handel. Hierbei spielt nicht zuletzt der Erlebnisfaktor eine entscheidende Rolle. Viele Kunstanbieter beschreiten daher im Internet neue Wege. Die Online-Versteigerungen bei Auctionata erfolgen anders als bei eBay oder anderen Anbietern von Online-Auktionen, nicht in technisch lebloser Form, sondern in Rahmen eines Video-Livestreams. Wird ein Kunstwerk erworben, so erfolgt der Zuschlag durch den tatsächlichen Hammerschlag des Auktionators. Wir versuchen unsere Online-Versteigerungen zu einem audio-visuellen Ereignis mit hoher Erlebnisqualität zu machen. Gerade bei der Kunst kommt es ja nicht zuletzt auf das Gefühl an.
© obs/Auctionata Beteiligungs AG/Klas Förster: Das teuerste Bild, das bisher online versteigert wurde: Egon Schieles Blatt „Liegende Frau“ von 1916 wurde Ende Juni für 1,5 Millionen Euro zugeschlagen.