David Biene portraitiert Musiker OFFstage

Künstlerinterview & Ausstellung 

David Biene portraitiert Musiker OFFstage

Fotograf David Biene portraitiert den Moment, wenn Musiker die Bühne verlassen. Ab 12. Mai 2016 zeigt die Galerie Fata Morgana 20 Arbeiten der OFFstage Serie.

David Biene: Pure, raue, analoge Fotografie 

David Biene empfängt uns barfuss und führt uns in seine minimalistisch eingerichtete Altberliner Wohnung, die ihm auch als Atelier dient. Holzdielen, hohe Decken, viel Licht. Die Räume strahlen eine geerdete Klarheit und Ruhe aus. Der Eingang birgt eine Bilderwand die bis unter die Decke mit Musiker-Portraits gepflastert ist, die David Biene u.a. für das Galore Magazin fotografiert hat. Sie ist auch ein Ausschnitt einer musikalischen Zeit die es so nicht mehr gibt.

David Biene, photo credit: Raphael MathesARTBERLIN-Timo201653

Die Schnelllebigkeit unserer Gegenwart steht im direkten Gegensatz zu Biene´s grundsätzlicher Herangehensweise beim Fotografieren. Er arbeitet mit einer alten Hasselblad, die sich unser Fotograf fasziniert erklären lässt. Alle Bilder die David Biene in seiner kommenden Ausstellung ab 12. Mai 2016 in der Galerie Fata Morgana zeigt, hat er mit dieser Kamera geschossen. Seine Idee war es Bands und Künstler zu fotografieren und zwar genau in dem Moment wenn sie die letzte Zugabe gegeben, das Konzert beendet ist, sie die Bühne verlassen und das Backstage betreten. Logistisch nicht unbedingt die leichteste Aufgabe, auch in Anbetracht des vielbeschworenen unberechenbaren Wesen der Künstler selbst.

Doch dann ist er da, dieser Moment voll auf die Zwölf. Verschwitzt und ekstatisch, oder schreiend, manchmal nur glücklich in sich ruhend lächelnd, ein Kaleidoskop direkter Emotionen, ohne Regieanweisung und Nachbearbeitung.

Queens of the Stone Age / OFFstage © www.david-biene.de

Queens of the Stone Age / OFFstage © www.david-biene.de This portrait is one photograph out of David Biene’s work series OFFstage

Wiz Khalifa /OFFstage © www.david-biene.de

Wiz Khalifa / OFFstage © www.david-biene.de This portrait is one photograph out of David Biene’s work series OFFstage

Biffy Clyro / OFFstage © www.david-biene.de

Biffy Clyro / OFFstage © www.david-biene.de This portrait is one photograph out of David Biene’s work series OFFstage


David Biene im ARTberlin Interview

David, deine Ausstellung OFFstage eröffnet am 12. Mai, erklärst du uns kurz wie die Idee dahinter entstand?

Ich interessiere mich schon immer sehr für Musik und gehe gerne zu Konzerten. Ich mag die Stimmung, die Vorfreude im Publikum, die Ekstase, die mich bei guten Konzerten ergreift. Früher hab ich hauptsächlich im Bereich Musikfotografie gearbeitet. Also Portraits von MusikerInnen und Bands für Magazine und Labels geschossen. Dabei war ich oft bei Konzerten und Festivals backstage und war fasziniert von der Atmosphäre hinter der Bühne. Vor der Show sind alle cool bis gelangweilt, ganz kurz vorher dann lampenfiebrig oder noch cooler – je nach Typ. Aber nach der Show sind alle echt. Da sind fast alle KünstlerInnen voller Leidenschaft und Adrenalin.

Das erste Bild für die OFFstageSerie war mit der New Yorker Hardcore Legende Agnostic Front im SO36. Das war ein tropfnasser Auftakt für die Serie, die ich von da, 2005, bis 2015 immer wieder weiterfotografiert habe. Von da ab allerdings über die ganze Zeit mit einem sehr engen konzeptionellen Rahmen, der sicherstellen soll, dass der Betrachter sich auf die unterschiedlichen ProtagonistInnen und ihre Energie konzentrieren kann und nicht abgelenkt wird. So habe ich die Portraits alle auf Film mit einer Hasselblad und immer mit dem gleichen Licht immer vor einer Wand direkt am Bühnenabgang aufgenommen. Dabei gebe ich von Anfang an weder Regieanweisungen noch manipuliere ich das Bild hinterher. Ich liebe es wie man anhand der Portraits jetzt den unterschiedlichen Grad der Energie sehen kann und teilweise davon angesteckt wird.

ARTBERLIN Davie BieneARTBERLIN Davie Biene

Welcher Künstler, Moment sticht für Dich heraus unter den vielen die du aufgenommen hast?

Es gibt einige unterhaltsame Geschichten zu den Bildern. Die Minuten mit Charles Bradley waren – nach einem intensiven Konzert- mit Sicherheit die emotionalsten. Jede/r, der/die die Chance hatte ihn mal live zu erleben kann das nachvollziehen. Der Mann ist einfach so unglaublich glücklich, so spät dann doch noch seinen Traum verwirklicht haben zu können.

Herausragend sind für mich auch die Versuche Lemmy und Motörhead für die Serie zu fotografieren. Ich hatte Lemmy schonmal portraitiert und ihn auch ein paar Mal live getroffen. Der erste Versuch klappte leider trotzdem nicht. Der zweite Versuch ging dann über einen gemeinsamen Freund persönlich an ihn. Alle drei Bandmitglieder sagten zu. Nur leider bekam die Pressefrau Wind davon. Sie verhinderte das Ganze, da sie sich in ihrer Position übergangen fühlte, was ich natürlich gar nicht beabsichtigt hatte. Beim dritten Anlauf, das ist auch schon vier, fünf Jahre her, sagte Lemmy dann, dass er ganz einfach keine Lust mehr auf Fotos hätte. Fotos von sich hat er ja nie gross gemocht aber jetzt sei er einfach zu alt, um fotografiert zu werden. Das habe ich dann akzeptiert, auch wenn ich es sehr bedauert habe.

Eine andere Anekdote war die Session mit Guitar Wolf aus Japan. Ich denke die Jungs sind eine der extremsten Bands was Kondition und Lärm angeht. Das Konzert dauerte unendlich lang. Die haben bestimmt drei Stunden durchgespielt und das in den kompletten Klamotten inklusive Lederjacken. Als sie dann endlich backstage kamen, wollten zwei nicht mehr fotografiert werden, obwohl es abgesprochen war. Der dritte, der Kopf der Band, brach am Fuss der Treppe zum Backstageraum zusammen und blieb eine Viertelstunde, unbewegt bis auf seinen schweren Atmen, so liegen. Da habe ich ein einziges Bild von gemacht, das jetzt auch in der Ausstellung hängt.

Charles Bradley /OFFstage © www.david-biene.de

Charles Bradley / OFFstage © www.david-biene.de This portrait is one photograph out of David Biene’s work series OFFstage

Hopped-Up © www.david-biene.de

Hopped-Up © www.david-biene.de This is one photograph out of David Biene’s book Hopped-Up

Du hast über einen sehr langen Zeitraum diese Aufnahmen gesammelt, mit Unterbrechungen durch andere Projekten wie z.B. das mit den HotRods. War es manchmal schwer weiterzumachen, oder war die Vision und die Energie immer da?

Ja genau, die Arbeit an meinem ersten Bildband HOPPED-UP lief teilweise parallel. Die Produktion und das Erscheinen 2009 mit den Ausstellungen dazu in London, Berlin, München und Düsseldorf unterbrach dann die Serie komplett. Die Arbeit für OFFstage wieder aufzunehmen war für mich aber vollkommen klar, weil mich das Projekt total reizte. Übrigens so richtig zu 100% abgeschlossen ist die Serie für mich noch nicht.

Das wirklich Harte bei der Arbeit an der Serie war die Vorarbeit. Ich habe erst geschaut wer spielt und wer interessant sein könnte. Dann geht es los mit recherchieren nach Ansprechpartnern. Viele nehmen deine Anfrage nicht ernst oder halten sie für unwichtig, weil derjenige selbst keine Vorteil davon hat, sondern allenfalls vom nächst Höheren auf den Deckel bekommt. Das heisst ein grosser Teil der Anfragen kommt gar nicht erst bei dem oder der Zuständigen an. Das heisst ich muss nachhaken und versuchen einen anderen Weg zu finden. Sobald ich die Möglichkeit hatte die Band oder den/die KünstlerIn direkt zu fragen war es allerdings nie ein Problem. Die Protagonistinnen fanden die Idee in den allermeisten Fällen super und haben sofort eingewilligt. Aber die Recherche usw. ist sehr zeit- und energieraubend gewesen. Da war ich schon das ein oder andere Mal kurz davor den Kram hinzuschmeissen.

Du bist jemand der mit viel Hingabe einen sehr konzentrierten nennen wir es mal Vintage-Lifestyle lebt. Du fährst eine alte Maschine, fotografierst nur mit einer Hasselblad und kleidest Dich auch entsprechend.
Was fasziniert dich daran?

Naja, Vintage-Lifestyle finde ich ein bisschen missverständlich. Ich denke ich bin alles andere als rückwärts gewandt oder so. Ich lebe jetzt, mir sind Entwicklungen, die gesellschaftlich in unserer Zeit (endlich) stattfinden sehr wichtig. Trotzdem oder auch gerade deswegen kann ich alte Produkte sehr viel mehr wertschätzen, da sie mit einer ganz anderen Idee hergestellt oder angefertigt wurden. Weil die Welt damals noch nicht so übersättigt war und sich die Wirtschaft erlaubte Produtre herzustellen, die durchdacht waren und vor allem lange hielten. Das fasziniert mich.

Ausserdem fasziniert mich das Echte und Authentische immer sehr viel mehr als irgendwelche Modetrends. Ich liebe das Laute (und auch das Leise), Gerüche, Geschwindigkeit. Dinge, die man mit den Sinnen erleben und vor allem auch anfassen kann. Ich mag das Analoge, manchmal nicht ganz Perfekte lieber als das mathematisch errechnet korrekte Produkt, dass exakt deckungsgleich millionenfach existiert.

Mein alter Triumph Chopper und meine Hasselblad sind ein gutes Beispiel dafür. Beide sind laut aber funktionieren trotz ihres Alters (ca 50-60 Jahre) einwandfrei. Sie sind schwer, machen manchmal kleine Fehler und fordern den Benutzer statt nur zu dienen. Sie haben Persönlichkeit. Das begeistert mich.

Wie geht es bei Dir weiter, was passiert als nächstes?

Was die Serie betrifft, überlege ich diese noch ein wenig weiterzuführen. Mir fehlen noch ein paar PortagonistInnen. Daniel Barenboim gehört dazu wie auch auch Iggy Pop. Udo Lindenberg natürlich auch, aus ganz persönlichem Interesse.

Fotografisch werde ich auch in Zukunft versuchen eine Kombination aus freien Arbeiten und Auftragsarbeiten hinzubekommen. Tendenziell möchte ich gerne wieder mehr Portrait-Fotografie machen sowie mich mehr im Bereich Reportage- und Reisereportage bewegen.

Ansonsten werde weiterhin versuchen, alles zu machen, was mir in den Kopf kommt. Das heisst, dass ich auch weiterhin mit meiner guten Freundin unsere kleine Firma für handgefertigte, personalisierte Lederaccessoires betreibe. Weiterhin werde ich auch meine eigenen Shirts im Handsiebdruck machen und hier da Sachen bauen, die mir in den Kopf kommen. Naja und das Auflegen mit Vinyl hab ich in letzter Zeit auch wieder häufiger gemacht und meinen Spass daran wiedergefunden. Langweilig wird mir selten.

David Biene – Ausstellung „OFF Stage“

Eröffnung: 12.05.2016, 19 Uhr
Laufzeit: 13.05. – 20.05.2016
Ort: Galerie Fata Morgana, Torstr. 170, 10115 Berlin
www.david-biene.com | www.fatamorganagalerie.com

Aktuell kann man außerdem noch bis 23. Juli auch Arbeiten aus David Biene´s Buch HOPPED-UP in der Galerie

„Blaues Tor“ im Kulturhof Wünsdorf sehen. | www.kulturhof-wuensdorf.de

Photos for ArtBerlin: Raphael Mathes