C/O Berlin Neu-Eröffnung – Wachgeküsst im Westen

Opening  

C/O Berlin Neu-Eröffnung – Wachgeküsst im Westen

C/O Berlin fehlte fast zwei Jahre lang auf der Kunst-Bühne. Jetzt hat die Fotografie Stiftung im Amerika Haus, nahe dem Bahnhof Zoo, ein neues Zuhause gefunden.

C/O Berlin – Vom Postfuhramt ins Amerika Haus 

Ist es wirklich schon so lange her, dass im alten Postfuhramt in der Oranienburger Straße die große Abschiedsparty gefeiert wurde? So mancher war damals den Tränen nahe gewesen, C/O Berlin war in Mitte jahrelang ein Fixpunkt für das Kunstvolk, die Fotografie-Ausstellungen ein Highlight für die Besucher. Doch am Ende hatten die neuen Investoren gesiegt und die Kunst musste ausziehen. Der C/O Berlin – Mit-Gründer Stephan Erfurt:

Wir haben uns in Berlin 70 Gebäude angeschaut, das war purer Stress. Nach dem Rauswurf aus dem Postfuhramt hatten wir zum Beispiel für die Jüdische Mädchenschule schon einen kompletten Plan erstellt. Die Atelierhäuser im Monbijou-Park waren uns zugesagt, dann wieder abgesagt worden, und so weiter. Als dann das Land Berlin das Amerika-Haus vorschlug, haben wir sofort das Potential gesehen, denn die Lage ist großartig. Mit der Helmut Newton Stiftung, dem Museum für Fotografie und der Nähe der UdK ist hier ein einzigartiger Cluster für Fotografie entstanden.

C/O Berlin  im Amerika Haus

Umbau des Amerika Haus zum neuen Ort für Fotografie

Das Amerika-Haus war 1957 als Kultur- und Begegnungsstätte gebaut worden. Übrigens auf historischem Boden. Denn im Dritten Reich stand hier ein „Haus der Kunst“, mit entsprechenden Nazi-Propaganda-Werken. Genau diesen Ort wollten die Amerikaner sozusagen „dekontaminieren“ und den Deutschen ein Kultur- und Bildungsangebot bieten. Nach dem Ende der Nutzung durch die Amerikaner 2006 lag das Gebäude sechs Jahre im Dornröschenschlaf. Nachdem man die vergilbten Schichten abgetragen hatte, kam so manche 50er-Jahre-Perle zum Vorschein. Es folgten: behutsame Entkernung, neue Technik (eine Klima-Anlage! Wer erinnert sich nicht an die zum Teil brütende Hitze im Postfuhramt!) und vor allem ein neues Raum-Konzept. Planer Meyer Voggenreiter:

Wir wollten, dass das Haus als offener Ort wiederentdeckt wird. Deshalb ist das gesamte Foyer sehr offen, mit großer Fensterfront zur Straße hin. Eingang, Buchladen und Café werden zur Bühne des Publikums, einladend und transparent, die Ausstellungsräume sind nach hinten angeordnet. Früher kannten die Taxifahrer in Berlin die Ansage „Zum Amerika-Haus“ – ich bin mir sicher, dass sie bald wissen, wohin es geht, wenn man zu „C/O Berlin“ möchte.

C/O Berlin zeigt zur Eröffnung eine Hommage an Will McBride

Will Mcbride

Will Mcbride at c/o Berlin, Photo: Will Mcbride

Ein junger amerikanischer Fotograf in Berlin in den fünfziger Jahren, ein intimes Tagebuch der Stadt zwischen Trümmern und Lebenslust. Die erste Ausstellung im Amerika Haus 1957 zeigte Fotos von Will McBride. Ein Zitat von ihm selbst:

Die Tatsache, dass ich Amerikaner war und studierte, machte aus mir einen Helden, ohne dass ich selbst viel dazu beigetragen habe. Ich war zum ersten Mal in meinem Leben wahrhaft glücklich. Ich war verliebt in diese Stadt und in das Leben, das sie mir bot.

Ein Coup, dass auch C/O Berlin mit Fotografien von Will McBride „ihr“ Amerika Haus eröffnet. „Ich war verliebt in diese Stadt“, so der Titel, und der mittlerweile über 80-jährige Meister war bei der ersten Besichtigung sichtlich berührt von den Bildern seiner Berliner Jugendzeit. Auch für alle, die Berlin lieben, ein wunderbarer Blick auf die unbändige Kraft dieser Stadt und ihrer Menschen.  

„Magnum – Contact Sheets“ zeigt das, was sonst verborgen blieb. Kontaktabzüge – im vor-digitalen Zeitalter – bekam normalerweise niemand zu Gesicht. Sie zeigen das Vorher und Nachher des richtigen Moments, dokumentieren die Suche nach dem perfekten Bild. Berühmte Fotografen der Agentur Magnum lassen den Zuschauer Teil haben am Geschehen, quasi mit durch die Kamera schauen. Zugleich ein Rückblick auf unwiderruflich verlorene Fotografie-Geschichte. Die Ausstellungen „Picture Yourself – Im Fotoautomaten mit Magnum“ und die 30. „Talents“ mit der jungen Fotografin Luise Schröder runden das Eröffnungsprogramm ab. Die neuen Ausstellungen sind bis zum 16. Januar 2015 zu sehen. Der neue Stern am Berliner Kunsthimmel – das Amerika Haus selbst – zum Glück für viele, viele Jahre! 

Fotos: David von Becker