Bernhard Martin’s Todsünden in der Berlinischen Galerie
In der frisch renovierten Berlinischen Galerie hängen aktuell die Sieben Todsünden. Bernhard Martin, der gerade mit dem renommierten Fred-Thieler-Preis für Malerei ausgezeichnet worden ist, hat ihnen eine achte hinzugefügt: den Verrat – zeitgenössisch aufgeladen durch Spionage und Überwachung. Der erfolgreiche Maler ist Spezialist im schonungslosem Hinschauen. Seine faszinierend präzise mit Lasurtechnik gefertigten Bilder wirken surreal und hyperrealistisch, sind aber leider Spiegel des dunklen Teils unserer Gegenwart und zugleich inspiriert von Arbeiten Alter Meister wie Dürer oder Hieronymus Bosch.
Martin taucht mit seiner Serie „Im Immer“ den Raum in der Berlinischen Galerie in ein Feuerwerk aus Zorn, Hochmut, Wollust, Trägheit, Völlerei, Habgier und Neid. Die Dichte in den Details seiner Arbeiten zwingt zum näher Heranrücken an die Arbeiten.
Es ist keine Überraschung, dass das konsequente, bedingungslose Werk von Bernhard Martin inzwischen in namhaften Sammlungen und Institutionen zu finden ist. Darunter sind unter anderen die Sammlung des Museum of Modern Art (MoMa), New York und die Sammlung Deutsche Bank. Für begrenzte Zeit und in limitierter Auflage gibt es nun eine Edition von sieben Arbeiten aus „Im Immer“, die Bernhard Martin zusammen mit der Plattform Amazing Editions sorgfältig ausgewählt hat. Wir müssen jetzt nicht explizit erwähnen, dass diese ein Geschenk an alle Kunstfreunde ist.
Hier geht es zu den Arbeiten bei Amazing Editions: Bernhard Martin Im Immer
Bernhard Martin: Wir müssen unsere Götter radikal austauschen
Wir haben mit dem Künstler, der aktuell in Berlin lebt, über die Ausstellung, sein Verhältnis zu Geld, Selbstzweifel und zur Chance auf eine Welt ohne Todsünden gesprochen.
Bernhard, erklärst du uns deine Gedanken hinter dem Titel deiner Serie?
Nun das „Im Immer“ befindet sich in einer Chronologie mit anderen Serien an denen ich seit über zehn Jahren arbeite: „Gott und ich wir wissen es schon“, „Nonvillage et Ouivillage“, „Neverend in Everland“, „Ichlinge und Dulinge“, „Dogma freier Raum“, „Graceland/Disgracecounty“
Es sind Orte an denen meine Akteure und Kommilitonen ihr Eigenleben führen ohne Gesetz und Ordnung. Es sind Hierarchie- und Moralin-freie Orte. Es sind utopische Orte ohne jedoch paradiesische Orte zu sein!
Es sind Erlebnislandschaften, Ressorts, Freizeitparks. Von Thomas Morus über Oskar Wilde, Bret Easton Ellis bis hin zu Michel Houellebeq´s Romanen „Die Möglichkeit einer Insel“ oder „Plattform“ basieren die Geschichten im Prinzip auf den 7, in meinem Fall 8 Todsünden (Nr. 8: Spionieren, Mobben, Diffamieren) ohne die moralische christliche Ikonografie zu bedienen. Die dargestellten Kreaturen in diesen Landschaften, die immer auch Vexierbilder sind, können sich nach Herzenslust amüsieren, und andere Rollen annehmen. Hier darf man hemmungslos lieben, glauben, fressen, morden, foltern und sich jeder Schwierigkeit, Verantwortung und gesellschaftlichen Zwang wie im Traum entledigen und sich bis zum Bodensatz der eigenen Abgründe herabwürdigen.
Deine Arbeiten schauen in Abgründe – Liebst du das Leben?
Nun, ein Leben ohne Abgründe wäre völlig langweilig und uninspirierend, der Widerspruch ist doch was uns am Leben fasziniert. Wir sind ja aus gutem Grund keine Termiten geworden, deren Ablauf immer der gleiche ist. Nein, das Leben ist schön! Ich glaube aber, dass man sich entscheiden muss mit Körper, Geist und Seele, ob man sich auf der Sonnenseite befinden möchte oder im Schattenreich oder im Nichts. Das darf durchaus ja auch das eine- oder andere Mal wechseln, das wäre doch wünschenswert für ein Leben.
Meinst du wir kriegen irgendwann einmal eine Welt ohne Todsünden hin?
Ich hoffe wir sind irgendwann soweit die Dinge hierarchiefrei zu sehen. Sie einfach so zu akzeptieren wie sie sind… Dazu müssen wir erst aber unser Götter radikal austauschen und unsere alten über Jahrhunderte existierenden Eliten und Machstrukturen zerstören und unser Wertesystem komplett erneuern – dann klappt das auch mit den Todsünden – ich glaube daran, werde es aber selbst wohl nicht mehr erleben.
Du hast erlebt wie es ist viel Geld zu haben und alles zu verlieren. Was bedeutet Geld für dich?
Geld ist schön, selbst wenn ich keins habe. Es ist dann nur ein klein wenig unschöner… Es ist aber nicht ausschlaggebend für meine Lebenseinstellung, noch Lebensgestaltung. Genau so wenig wie ich mich nicht mit Arbeit identifiziere. Mit meiner Arbeit identifiziere ich mich sehr wohl, jedoch nicht mit dem was gesellschaftlich mit dem Begriff Arbeit verbunden wird. Ich bin sehr gerne faul. Und am liebsten habe ich Geld und bin faul!
Du malst so ehrlich, so konsequent und absolut wie du selbst sagst – wie gehst du mit Selbstzweifeln um?
Der Selbstzweifel ist immer da und er ist ein wesentlicher Bestandteil und eine interne Korrektur. Aber ich gehe nicht mit ihm hausieren, das wäre doch zu weinerlich, kokett und zu selbstgefällig. Nein, schmutzige Wäsche wird zu Hause gewaschen und auf oder in meinen Arbeiten als ein selbstverständlicher Bestandteil und kodierter Zustand verpackt… für nervöse Menschen wie mich ist das oft das einzige Ventil.
Wie bist du mit Amazing Editions zusammen gekommen?
Ich kenne Jan Winkelmann schon seit Jahren und habe ihm nachdem er mir erzählte, dass er jetzt Editionen verlegt von einer „Herzensangelegenheit“ erzählt. Wir haben länger miteinander geredet und uns am Ende geeinigt die sieben Blätter, die wirklich wundervoll geworden sind, gemeinsam zu editieren. Darüber bin ich sehr froh.
Die Ausstellung „Fred-Thieler Preis 2015“ in der Berlinischen Galerie zeigt „Im Immer“ noch bis zum 24. August 2015
Bernhard Martin 2015 (c)
Text in collaboration with Amazing Editions.