Wie Töne wirbeln die Tänzerinnen und Tänzer über die Bühne, personifizierte Noten musikalischer Inspiration nach Kompositionen von Bach. Was der spanische Choreograph Nacho Duato bereits 1999 für Weimar unter dem sperrigen Titel „Vielfältigkeit. Formen von Stille und Leere“ kreierte, begeistert 16 Jahre später, getanzt vom Berliner Staatsballett, immer noch als Ausnahmeballett.
Nachu Duato verwandelt Bachs Musik in choreografische Hochglanzszenen voll tänzerischer Grazie und stilsicherer Kostümästhetik. Die Figur Bachs (Michael Bahnhof) bleibt mit historischer Perücke den ganzen Abend präsent. Er dirigiert die Tänzer zu Beginn wie ein Orchester. Assoziativ folgen unterschiedlichste Pass des Deus und Gruppentänze vorwiegend nach Menuetten, Polonaisen und Allegro, die Vielseitigkeit der Variationen zu unterstreichen.
Im zweiten Teil avanciert Bach selbst zum Hauptakteur, der mit seinen musikalischen Eingebungen zur „Kunst der Fuge“ ringt, schwingt, davonschwebt und schließlich nach einem erfüllten Leben stirbt. Bachs Geigenbogen wird zur erotisch-kämpferischen Tanzrequisite, rasant wie ein Florett und gleichsam zärtlich wie das Streicheln einer Feder, mit der er das Cello, wunderschön getanzt von Giuliana Bottine, malträtiert und liebkost.
Nacho Duato erzählt keine durchgängige Biografie.
Er beleuchtet Bachs Kompositionen und deren Schaffensprozess, worin sich Bachs Charaktereigenschaften spiegeln, wuchtig, temperamentvoll, leidenschaftlich, voller Hingabe und Erotik, immer wieder von Nachu Duato mit Augenzwinkern durchbrochen, wenn musikalische Fröhlichkeit sich im Übermut turnerischer Bewegungsdynamik Raum schafft, die Tänzer als Noten herumpurzeln und doch wieder in strenge Raster zurückverwiesen werden.
Wie die Musik brilliert die Choreographie durch glasklare Präzision, mitreißende Dynamik und wohl temperierte Ausstrahlung.
Kommende Termine
27.09. / 1.10. / 6.10. / 26.10. 2015 / weitere für das Jahr 2016 findert ihr unter www.staatsballett-berlin.de.
Text: Michaela Schabel // Fotos: © Fernando Marcos