Berlin Art Week 2014: Insider Guide

 

Berlin Art Week 2014: Insider Guide

Die Berlin Art Week 2014 eröffnet heute Abend. Die Kunstberaterin Sylvia Volz verrät ihre persönlichen Highlights zu Ausstellungen, Künstlern und zum Ausgehen.

DIE BERLIN ART WEEK GEHT LOS

Die Berlin Art Week 2014 startet heute Abend mit ihrer Eröffnungsfeier in der Akademie der Künste Berlin. Wie zum Gallery Weekend Berlin im Mai wird es unfassbare viele gute Ausstellungen und Happenings geben. Gestern haben wir euch hoffentlich in unserem BERLIN ART WEEK GUIDE den großen Überblick verschafft, heute stellt euch die Kunstexpertin und Kuratorin Sylvia Volz ihre persönlichen Highlights zu Ausstellungen, Künstlern und Abendprogramm vor.

Sylvia Volz ist Kunstberaterin, Kuratorin sowie Chefredakteurin des 3. BMW Art Guide by Independent Collectors. Sie hat einen Doktor in Kunstgeschichte und viel Erfahrung im Kunstmarkt dank mehrerer Jahre beim Auktionshaus Christie’s und der Alexander Ochs Galleries Berlin / Beijing.  Seit 2009 berät sie von Berlin aus internationale, und vor allem junge Sammler. Außerdem ist sie ein großartiger Guide, wenn ihr private Sammlungen, Museen oder Galerien unter ihrer fachkundigen und herzlichen Führung besichtigen wollt.

Sylvia Wolz

BERLIN ART WEEK: DIE HIGHLIGHTS

1. Sylvia, was sind deine drei Ausstellungs-Highlights auf der Berlin Art Week 2014?

Neben dem Hauptschauplatz abc (art berlin contemporary) gibt es eine Reihe weiterer Ausstellungen und Veranstaltungen, auf die ich sehr gespannt bin.

1. Exotica… and four other cases of the self, eine Ausstellung im me Collectors Room, die in Zusammenarbeit mit dem Master-Programm Curating the Contemporary der London Metropolitan University sowie der Whitechapel Gallery entstanden ist. Drei Jung-Kuratorinnen haben sich mit Fragen zum Selbst in der heutigen Zeit beschäftigt und Arbeiten von Künstlern wie Matthew Barney, Philip-Lorca diCorcia oder Terence Koh in Bezug zur hauseigenen Wunderkammer des me Collectors Room gesetzt. Der Besucher wird dazu animiert, sein eigenes Individuum als Wunderkammer zu verstehen und sein Selbst neu zu reflektieren. Auf die daraus resultierenden Erkenntnisse bin ich gespannt!

Termin & Ort : ab 17. 09. im me Collectors Room, Auguststr. 68, 10117 Berlin

Berlin Art Week: me collectors room BerlinPhoto: Exotica and 4 other cases of the self, Installationsansicht © me Collectors Room Berlin, Photo Bernd Borchardt

2. Ebenfalls neugierig bin ich auf die internationale Konferenz ARTfi., die am 17.09. erstmals in Berlin stattfindet. In diversen Vorträgen und Podiumsdiskussionen werden sich Sammler, Galeristen, Messedirektoren und weitere Akteure des Kunstmarkts verschiedenen Themen aus dem Bereich Kunst und Kapital widmen. Es sind namhafte Redner eingeladen, so z.B. Sylvain Levy, der mit seiner Frau eine bedeutende Sammlung zeitgenössischer chinesischer Kunst aufgebaut hat. Um diese der Öffentlichkeit zugänglich zu machen, haben sie ein Museum gebaut – allerdings kein physisches, sondern ein virtuelles und somit uneingeschränkt zugängliches. 

Termin & Ort: ARTfi., 17.09., 9-18 Uhr, Verlagsgebäude des Tagesspiegel, Askanischer Platz 3, 10963 Berlin

Berlin Art Week: Eriko Yamazaki

3. Last but not least freue ich mich auf einen Besuch der neun Projekträume und Künstlerinitiativen, die diesjährigen Partner der Berlin Art Week, darunter L´oiseau présente mit der Gruppenausstellung rip, cut – grow. 12 Künstlerinnen, darunter Nadja Schöllhammer, Eriko Yamazaki (siehe Foto hier links) und Katja Strunz, haben sich dem Material Papier gewidmet und es durch Falten, Reißen, Verbrennen oder Zerknüllen unterschiedlichsten Deformierungsprozessen unterzogen.

Termin & Ort: L´oiseau présente, rip, cut – grow, Pappelallee 15, Hinterhaus, 3. OG, Eröffnung 18.09., 19-24 Uhr

Bei Import Projects wiederum lockt ein Artist Talk mit der jungen französischen Künstlerin Marguerite Hummeau: Ich hoffe dabei mehr zu erfahren über ihre geheimnisvollen, an Urzeittiere erinnernden Skulpturen, deren Geräusche derzeit die Räume in der Keithstraße erfüllen.

Termin & Ort: Marguerite Hummeau, Horizons; Talk am 18.09., 19 Uhr, Import Projects, Keithstraße 10, 10787 Berlin

2. Welcher Künstler interessiert dich besonders?

Neben vielen anderen Positionen bin ich wohl am meisten gespannt auf Ingo Mittelstaedt, dessen Arbeiten gleich an zwei Orten zu sehen sind und dessen künstlerische Entwicklung ich seit längerem beobachte. Seine Fotografien von u.a. Objekten aus Kartonagen und objets trouvés sind faszinierend vielschichtig: In ihrem Wechselspiel aus Fläche und Raum, Organischem und Anorganischem ergeben sich spannungsreiche Gegensätze, und doch strahlen sie dabei Klarheit und Ruhe aus. Auf der abc wird Mittelstaedt – der übrigens gerade mit einem Stipendium des ISCP, New York, ausgezeichnet wurde – eine großflächige Podest-Arbeit mit einer Serie in kunsthistorischen Museen entstandener Fotoarbeiten präsentieren, die er mit unterschiedlichen Referenzmaterialien verbindet. Wie ich mir vorstellen kann, wird sich daraus eine Reihe sehr interessanter Analogien und Brüche ergeben. Nicht weniger gespannt bin ich auf seine am 17.09. eröffnende Einzelausstellung Soft Image in der Galerie koal.

Termin & Ort: Auf der abc bei Galerie koal, Ingo Mittelstaedt, Stand A17  // Galerie koal, Brunnenstrasse, Eröffnung 17.09., 19-22 Uhr 

Ingo MittelstaedtPhoto:  Ingo Mittelstaedt: gute Freunde. Für alle. 2014. Silver gelatin print, 18x24cm Courtesy: Galerie koal / Berlin 

3. Wohin gehst du abends zum Dinner und Feiern?

 Wie immer gehen derartige Kunstspektakel mit einem entsprechend umfangreichem Abendprogramm einher. Nachdem meine Abende in den vergangenen Jahren streng durchgetaktet waren, möchte ich es dieses Mal etwas gelassener angehen. Oft habe ich die Erfahrung gemacht, dass man sich gerade in interessanten Gesprächen an schönen Orten befindet, aus denen man sich dann notgedrungenermaßen herausreißen muss, um zum nächsten Termin zu hetzen. Veranstaltungen wie die Berlin Art Week oder auch das Gallery Weekend im April leben ja nicht zuletzt davon, dass sie viele Menschen von Nah und Fern zusammenbringen, die man in dieser Konzentration nur selten trifft. Daher habe ich mir dieses Mal vorgenommen, mich – abgesehen von einigen unausweichlichen „Pflichtterminen“ – einfach treiben zu lassen und abzuwarten, wohin es mich verschlägt.

4. Dein bester Moment auf der letzten Berlin Art Week?

Den wohl besten Moment hatte ich im Hinterhof der Gartenstraße 6 in Berlin-Mitte, als sich das Tor zu einem wahrlich magischen Ort öffnete. Matthias Held – bekannt für seine Ausstellungen in ungewöhnlichen Locations – hatte mit Maximum Self II ein ehemaliges Varieté-Theater aus den 1920er-Jahren für ein paar Tage zum Leben erweckt, welches 1933 von den Nazis geschlossen und in einen mehr oder weniger 80 Jahre andauernden Dornröschenschlaf versunken war. Bereits ein paar Monate zuvor hatte ich einen ähnlich unberührten Ort betreten dürfen, nämlich das ehemalige Kaufhaus Jandorf auf der Brunnenstrasse, dem diesjährigen Austragungsort der neuen Kunstmesse Positions. Doch während das Gebäude dort mehr oder weniger entkernt wurde, ist im Inneren des Theaters hingegen noch vieles erhalten geblieben: Teile des ehemaligen Bühnenaufbaus, kannelierte Säulen, die Zuschauerempore, die Wandbemalung… Dazwischen gab es Arbeiten von Künstlern wie John Bock, Arturo Herrera oder Saadane Afif zu sehen. Die mystische Atmosphäre hat sich tief in mein Gedächtnis eingeprägt. 

Danke!

Die Highlights der BERLIN ART WEEK findet ihr in unserem Guide: BERLIN ART WEEK – WHAT DO SEE

Fotograf für die Portrait Fotos: Christian Branscheidt