Martin Gropius Bau: Berlin spricht über ihn
Der Martin-Gropius-Bau, eines der wenigen privaten Ausstellungshäuser in Berlin, hat 250 ausgewählte Zeichnungen aus der Judith Rothschild Collection im MoMA in seinen wunderschönen Räume aufgehängt. Kurator Christian Rattemeyer hat Castor&Pollux verraten, dass es zu einem guten Stück den Einnahmen aus DER Blockbuster Ausstellung 2010, Frida Kahlo, zu verdanken ist, dass sich der Martin-Gropius-Bau dieses kleine Juwel leisten kann.
Egal, wo ich am Wochenende war, ob im Kingsize, einen eisgekühlten Wodka Mule nippend oder in aufgeregter Starre, Auge in Auge mit den Wölfen im Wildpark Schorfheide, überall konnte ich es flüstern hören. Die Stadt spricht über „KOMPASS, Zeichnungen aus dem Museum of Modern Art New York“.
Sorgfältig kuratiert: die MOMA Ausstellung im Martin Gropius Bau
WARUM? Oberflächlich betrachtet ist es natürlich der MoMA Virus, der Berlin immer das Gefühl gibt als Kunstmetropole ernst genommen zu werden. Aber wer sich wirklich für Kunst interessiert, der sieht in KOMPASS die schon lange überfällige Bühne, die der Martin-Gropius-Bau dem vernachlässigten Medium Zeichnung bereitet. Und diese ist angenehm durchdacht und sorgfältig kuratiert. Christian Rattemeyer und sein Team haben fast neun Monate damit verbracht, die Judith Rothschild Collection zu durchforsten und jede einzelne Arbeit zu den übrigen Werken in Beziehung zu setzen. Das ist ihnen gelungen. Sie haben Achsen geschaffen, die mich wie an unsichtbaren Fäden durch die Ausstellung gezogen haben.
Die Stadt spricht also über KOMPASS, raunt sich Namen wie Cy Twombly, Donald Judd, Robert Rauschenberg, Paul McCarthy, Baselitz, Jörg Immendorff und Martin Kippenberger zu. Und steht routiniert in der Schlange, die sich, wie erwartet um den Martin-Gropius-Bau windet. Das gehört dazu. Sonst wäre es irgendwie kein MoMA-Gefühl.
Dabei ist KOMPASS nur ein Bruchstück der zehn Mal so großen Sammlung der Judith-Rothschild-Foundation, die vor sechs Jahren als Schenkung an das MoMA ging. Judith Rothschild (1922–93) war eine, vor allem in den USA bekannte, abstrakte amerikanische Malerin, die ihr ganzes Leben lang junge Künstler unterstützte. Als sie starb, hinterließ sie ihrem Freund Harvey S. Shipley Miller eine üppig ausgestatte Stiftung und den Auftrag, ihre Kunst und die ihrer Generation zu unterstützen. Harvey ging daraufhin drei Jahre lang Kunst shoppen. Für 18 Millionen Dollar erstand er die berühmten 2600 Zeichnungen und übergab diesen riesigen Kunstschatz 2005 an das MOMA.
Man munkelt, dass der Kaufrausch von Harvey Miller nicht unbedingt in Judith Rothschilds Sinne gewesen sei, aber wer weiss dass schon. Unbestritten sind zwei Dinge. Das MOMA hat alle Hände voll zu tun, um die gigantische Menge an Zeichnungen zu verarbeiten und KOMPASS ist ein Sahnestückchen, das man sich genussvoll an diesen Frühlingstagen einverleiben sollte. Guten Appetit.
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Martin-Gropius-Bau: Öffnungszeiten
Martin-Gropius-Bau
KOMPASS Ausstellung bis 29.5.2011
Öffnungszeiten: Mi–Mo 10–17 Uhr
Eintritt: 12 Euro
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