Matthias Planitzer – Foto von Marcus Werner
Wohin zieht es Castor & Pollux auf der Berlin Art Week?
Matthias Planitzer schreibt das erfolgreiche und feinsinnig kritische Online Kunstmagazin Castor & Pollux, der sich mit der zeitgenössischen Kunst und ihrer Szene in Berlin auseinandersetzt. Das tut er seit 2010 und nach einem Relaunch auch mit Hilfe von Web Art Künstlern, die in regelmäßigen Abständen und für ein Wochenende das Design von Castor & Pollux neu gestalten dürfen. EDITIONEN nennt Matthias diese dann und setzt damit ein virtuelles Gegenstück zu jenen in Zeitungen und Printmagazinen.
Für ARTberlin hat Matthias seine persönliche Favoriten und Route auf der Berlin Art Week zusammen gestellt. Enjoy!
Deine 3 persönlichen Highlights auf der Berlin Art Week:
Mein Kalender rund um und während der Berlin Art Week ist voll. Man will ja möglichst viel sehen. Besonders freue ich mich aber auf die abc, die sicherlich auch dieses Jahr wieder einen guten und reichhaltigen Überblick geben wird, was die Berliner Künstler derzeit so schaffen. Dank des großen Performance-Programms wird man die Gelegenheit haben, sich insbesondere über dieses gerade sehr boomende Genre auf den aktuellen Stand zu bringen.
Abgesehen von den vielen Ausstellungen in den teilnehmenden Häusern bin ich gespannt auf das Walter-Benjamin-Symposium in der Akademie der Künste, wo die internationale Rolle des Philosophen und Universaltheoretikers diskutiert wird.
Am Donnerstag findet dann allerdings mit der Preisverleihung der Neuen Nationalgalerie zum Preis für Junge Kunst das geheime Highlight der Kunstwoche statt. Wir haben schon interne Wetten abgeschlossen, wer dieses Jahr ausgezeichnet werden wird. Ich bin jedenfalls von meinem Favoriten überzeugt – aber wer es auch werden wird, ich bin mir sicher, dass der Abend mit der Preisverleihung und dem Festakt in jedem Falle wunderbar sein wird.
Anmerkung der Redaktion: Die Kandidaten sind Kerstin Brätsch, Mariana Castillo Deball, Simon Denny und Haris Epaminonda. Die Ausstellung zu ihren Arbeiten läuft aktuell und bis zum 12. Januar 2014 im Hamburger Bahnhof – Museum für Gegenwart.
Michael Sailstorfer: „Forst“ (2012), im Hintergrund Alfredo Jaar: „The Sound of Silence“ (2006), Foto von Matthias Planitzer
Für welchen Künstler interessiert du dich auf der Berlin Art Week besonders?
Da gibt es einige. Einerseits bin ich gespannt, was die Künstler zeigen werden, mit denen ich in den vergangenen Wochen gesprochen habe. Da wird natürlich viel erzählt und angedeutet, aber mal sehen, was am Ende ihrer langen Vorbereitungen stehen wird. Davon abgesehen freue ich mich auf David Ostrowski im Autocenter: Kein Unbekannter im Berliner Kunstzirkus, aber wie ich neulich erfuhr, lässt er sich während seiner Arbeit – durchaus auch mit ironischer Haltung – von Deutschrappern wie Haftbefehl und Kollegah inspirieren. Seine Gemälde habe ich in dieser Perspektive noch nicht wahrgenommen und bin deshalb gespannt, was davon sichtbar sein wird.
Anmerkung der Redaktion: David Ostrowski stellt zusammen mit Chris Succo, Samuel Francois, Eva Berendes und Sam Moyer in der Ausstellung „One from None“ im Autocenter aus / Opening: Fr.13.09.2013, 20 Uhr
Auf der abc werden gleich mehrere Künstler ausstellen, die ich ständig beobachte: Julius von Bismarck entwickelt sich seit einiger Zeit rasend weiter, da will ich auch seine Position beim Stand von Alexander Levy nicht verpassen. Michael Sailstorfer wird ebenfalls auf der abc erstmals in Berlin eines seiner Mückenhäuser zeigen. Ich bin neugierig, wie die Leute reagieren werden, wenn sie erst einmal bemerken, daß über ihnen hunderte der Insekten schwärmen.
Zudem werde ich, ein eingefleischter Fan von Kitty Kraus, mir bestimmt nicht ihre Teilnahme bei der Gruppenausstellung entgehen lassen, die die Kleine Humboldtgalerie auf dem Campus Nord der Humboldt-Universität installieren wird. Da ich dort selbst studiert habe, kenne ich die sehr alten, teils kaum oder gar nicht renovierten Gemäuer, die für die reduzierten, aber hochdramatischen Arbeiten Kitty Kraus‘ wie gemacht sind. Das Kuratorenteam wird sicherlich einen geeigneten Ort gefunden haben – ich lasse mich überraschen!
Wohin gehst du abends zum Dinner und Feiern?
Am Samstag wird das Autocenter zum letzten Grillabend dieses Sommers laden. Die Parties sind längst legendär – eine solch lockere und angenehme Stimmung findet man selten in der Berliner Kunstszene.
Den Auftakt macht für mich jedoch die Jubiläumsfeier des kleinen, aber mittlerweile berüchtigten Projektraumes team titanic, wo man am 13.9. wohl ganz dem Namen zu Ehren von Eisbergen empfangen wird.
Für’s Wochenende werden wir uns einen Tisch bei Hot Spot in Charlottenburg bestellen und im Anschluss die kleinen Bars im Kiez aufsuchen.
Alfredo Jaar: „The eyes of Gutete Emerita“ (1996), Foto: Matthias Planitzer
Dein bester Moment auf der letzten Berlin Art Week?
Besonders blieb mir Alfredo Jaars Doppelausstellung „This is the way it is“ in der Berlinischen Galerie sowie im NGBK im Gedächtnis. Der große Durchleuchttisch mit den unzähligen Dias von Gutete Emeritas Augen war neben der zeitgleich im vorderen Raum der Berlinischen Galerie gezeigten Bauminstallation Michael Sailstorfers mein persönliches Highlight. Im selben Zeitraum wurde ja auch St. Agnes erstmals der Öffentlichkeit präsentiert. Ich war zuvor für einige Fotoaufnahmen dort, aber an jenem Abend hat die nüchterne, bilderlose Sakralität des Raumes noch viel stärker geleuchtet. Ich erinnere mich auch noch, daß Cyprien Gaillard in dem Zeitraum vor dem Schinkel-Pavillon sein Baggerballet aufführte. Die Performance sah ich eher kritisch; allerdings war ich eher begeistert davon, welche Anstrengungen die vielen Gäste auf sich nahmen, um ja den besten Blick auf das Spektakel zu erhaschen. Ein illustres Schauspiel, der perfekte Kontrapunkt zu der gesamten Schau.