CLAIM: 2012 beginnt mit einer Ausstellung zum Gefühl

Opening 

CLAIM: 2012 beginnt mit einer Ausstellung zum Gefühl

Kunst darf über Intuition und Gefühl produziert und erschlossen werden. Das Off-Projekt Neuen Berliner Räume zeigt in einer Ausstellung Arbeiten von über 20 internationalen Künstlern, die den Betrachter anspringen sollen. Intuitiver Zugang über ästhetische Präsenz statt intellektuelles Nachdenken über ein Konzept. Das hört sich verdammt nach unserem Motto für 2012 an.
Paolo Grassino

Paolo Grassino, Resa, 2010. Courtesy Delloro Contemporary Art

Wenn Kunst zum Gefühl wird: CLAIM

Was reagiert eigentlich zuerst, wenn man Kunst betrachtet? Emotion oder Ratio? Ich behaupte, eine winzige Sekunde bevor der Verstand beginnt zu interpretieren, was das Auge sieht, ist es ein Gefühl, das uns anspringt, was uns stehen bleiben und näher hinsehen lässt. Und wie ist das bei den Künstlern selbst? Ich kenne Künstler, die hören wahnsinnig laut Musik, um sich von ihren Gefühlen und der Intuition führen zu lassen und den Verstand auszuschalten. Gleiches Spiel wie bei den Drogen, die spätestens seitdem die Kunst abstrakt wurde, ganze ungefilterte Emotionsgewitter in Bilder verwandelten.

In Berlin eröffnet am 7. Januar 2012 CLAIM, eine Ausstellung, die auf die Direktheit von Emotionen setzt, sowohl beim Entstehen der Kunstwerke als auch beim Betrachten. Es geht um Arbeiten, die sich mit einer Direktheit in den Raum stellen, die einen anspringen.

Moritz-Schleime

Moritz Schleime, Mystical-Blood,2010. Courtesy Wendt + Friedmann

Der Kurator

CLAIM ist die Idee von Manuel Wischnewski, der die Neuen Berliner Räume ins Leben gerufen hat, eine Plattform für Künstler, Kuratoren und andere Kreative an temporären Orten. Zusammen mit Dr. Marc Wellmann (Ausstellungsleiter des Georg-Kolbe-Museums Berlin) und befreundeten Galeristen wie Galerie Jette Rudolph, Galerie Mario Mazzoli, Henningsen Gallery, Hunchentoot und Kit Schulte Contemporary Art wird er am Januar die Gruppenausstellung in einer einem ehemaligen Fabrik- und Bürokomplex mit über 20 internationalen Künstlern eröffnen, die ihre Energie nicht aus dem Konzeptuellen, sondern aus der direkten ästhetischen Präsenz schöpfen.

Und da auch hier wieder die Pressemitteilung ein wenig verkünstelt klang, haben wir Manuel Wischnewski direkt gefragt, was das Besondere an der Ausstellung ist, welche Rolle Galeristen als Gestalter der Kunstszene dabei spielen und wo er die Neuen Berliner Räumen hin entwickeln möchte.

Secret Stars

Secret Stars, Eyecatcher, 2011. Courtesy Wendt + Friedmann

Die Idee hinter der Ausstellung

Wie kamst Du auf die Idee für CLAIM?
*** Die Idee entstand über Monate hinweg in Gesprächen mit einigen Galeristen und Künstlern. Darauf aufbauend haben Marc Wellmann und ich das Konzept weiterentwickelt und mit Leben gefüllt. Mich persönlich interessieren vor allem Projekte bei denen eine Form von echter und echt gemeinter Kooperation stattfindet. Und dementsprechend sind auch die Neuen Berliner Räume ausgerichtet. Ich glaube schlichtweg, dass solche Projekte ein großes Potential haben aber viel zu selten angegangen werden — oftmals ganz einfach weil kein adäquates Forum dafür existiert; weil niemand den Anstoß gibt.

Die Tatsache dass die Ausstellung in Zusammenarbeit mit den Galerien entstanden ist, setzt für mich ganz persönlich ein Ausrufezeichen hinter die Rolle der Galerien als aktive Gestalter der Kunstszene, die sich mit immensem inhaltlichen Interesse für die Positionen ihrer Künstler einsetzen. Da entwickelt sich eine Kraft, die einer solchen Gruppenausstellungen einfach noch mal ein anderes Format gibt.

Christian Achenbach

Christian Achenbach, Vanitas, 2011. Courtesy Wendt + Friedmann

CLAIM möchte direkt sein, über Emotionen, Intuition und Ästhetik wirken. Was heißt das konkret?
*** Wenn man es vereinfacht darstellen wollen würde, wäre das Gegenstück zu unserer Ausstellung die Konzeptkunst. Das heißt natürlich nicht, dass die Arbeiten nicht auch einen konzeptionellen Anteil haben. Aber der Schwerpunkt liegt oft doch woanders.

Der intuitive Zugang zu einem Kunstwerk wird oft genug abgelehnt, aber wir glauben, dass sie durchaus ihre Berechtigung hat. Und wenn man diese (vielleicht etwas direktere) Annäherung an das Werk provozieren und ausloten will, dann muss man meiner Meinung nach Arbeiten zeigen, die sich mit voller Macht in den Raum stellen. Ob durch einen gewissen Biss (Moritz Schleime) oder durch eine ironische Geste (z.B. David Buckingham, John O´Connor) oder durchDeutlichkeit und Kraft (Christoph Schirmer, Christoffer Munch Andersen).

Wir wollten also Arbeiten zeigen, die uns fast augenblicklich verwickeln. Dazu gehört in zweiter Instanz — und auch das ist bei Schleime zu erkennen — eine gewisse künstlerisch-handwerkliche „Fähigkeit“ von der die ästhetische Präsenz eines Werkes m.E. lebt. Ein gutes Beispiel dafür sind z.B. auch die unglaublich aufwändigen Arbeiten von Philip Loersch.

Philip Loersch

Philip Loersch, Bad is Logical,2010. Courtesy Galerie Jette Rudolph

Die Neuen Berliner Räume sind ja noch ganz jung: wo wollt ihr mit der Initiative hin?
*** Für die NBR ist die Idee von Kooperation zentral. Die Neuen Berliner Räume sollen ein Ort sein, an den ganz verschiedene Personen — Künstler Kuratoren, Galerien; wer auch immer! — ihre Ideen herantragen können. Unsere Aufgabe sehe ich vor allem darin, die Dinge möglich zu machen, die noch unverwirklicht im Raum stehen. Da wird es spannend für mich.

Offenheit und Flexibilität sind für mich extrem wichtig. Dieser Aspekt schlägt sich sowohl darin nieder, dass wir Künstler nicht dauerhaft vertreten als auch dass wir vorerst keine feste Räumlichkeit haben werden. Ich würde mich freuen, wenn wir unser Programm in Zukunft breiter aufstellen könnten, d.h. neben Ausstellungen auch andere Projekte angehen würden.

Soviel zur Theorie. Das alles steckt natürlich noch in den Anfängen und es zeichnet sich gerade erst ab, wo man in einem Jahr sein könnte. Im April werden wir mit dem in London lebenden Künstler Robert Montgomery eine Reihe von fantastischen öffentlichen Installationen präsentieren. Zwei weitere Projekte sind in Planung — wieder größere Gruppenausstellungen.

Welche Resonanz (auch Kritik) habt ihr bis jetzt zu den Neuen Berliner Räumen erfahren?
*** Wir sind ja tatsächlich noch sehr jung. Positive Resonanz gab es immer in dem Moment in dem die Leute gesehen haben dass wir es ernst meinen. Wer mit einem Projektraum in Neukölln startet, steht nicht unbedingt unter diesem Verdacht. Das soll nicht heißen, dass wir keinen Spaß haben bei dem was wir tun. Aber auf den Punkt gebracht:  Nur weil wir keine Galerie sind heißt das nicht, dass die Werke bei uns lediglich Beiwerk für die eigentliche Party sind.

Da den richtigen Ton für seine Veranstaltungen zu finden ist Maßarbeit und gelingt bestimmt nicht immer. Aber ich denke unser prinzipieller Ansatz setzt sich diesbezüglich deutlich ab von vielen Off-Projekten in Berlin. Platz ist ja trotzdem für alle — das sehe ich entspannt.

Mehr zu Ausstellungen in Berlin
Sponsored Post