Annabell Häfner

YOUNG ARTISTS 

Annabell Häfner

Es gibt Künstler die einem sofort ins Auge springen und nicht mehr loslassen. So ging es uns als wir Anfang des Jahres die von Sang Woo Kim organisierte Groupshow, „From UK to Germany“ in der coGallery besuchten, mit der Kunststudentin Annabell Häfner. Ein Rundgang an der Kunsthochschule Weissensee und eine Gruppen-Ausstellung der Klasse Werner Liebmann im SEZ später, sind wir noch immer so begeistert und möchten sie euch hier in unserer Kategorie YOUNG ARTISTS vorstellen.

160x100cm acryl_kreide auf Leinwand

Auch vorgestellt im Rahmen unserer YOUNG ARTISTS Reihe hatten wir im letzten Jahr den jungen Fotograf Eirikur Mortagne. Mortagne der ARTBerlin auch nach Mailand zur Mia Photo Fair begleitete, bildet mit seiner puren, ungekünstelten, manchmal rohen, aber immer spontanen aus dem Augenblick agierenden Bildsprache, das perfektee visuelle Match und Finish zu Annabells Person, ihren Arbeiten und diesem Portrait. Artist on Artist so to speak.

Mia Photo Fair, Milano 2017 by Eirikur Mortagne.  Work on display by Sang Woo Kim

Mia Photo Fair, Milano 2017 by Eirikur Mortagne. Work on display by Sang Woo Kim

Annabell Häfner by Eirikur Mortagne

Annabell Häfner by Eirikur Mortagne

Annabell Häfners Arbeiten, die Kombination von Acryl, Kreide und Pastell und besonders ihre Linienführung, lösen in mir starke Assoziationen zur Ästhetik der 50er Jahre und damit unweigerlich Melancholie aus. Ich denke an die zeitlose, lässige Eleganz der Bilderwelten in der Serie Mad Men. Aber das ist nur der allererste Eindruck. Im Gespräch erzählt sie uns von ihrem Filmarchiv, dass sie vor allem auch auf ihren Reisen als Model aufnimmt, aber auch auf privaten Trips.

Sie zeigt uns Aufnahmen aus der spanischen Wüste, einer Kirche in Griechenland. Einer meiner Lieblingsarbeiten, hat als Vorlage einen Aufenthalt im Schloss Beesenstedt. Diese Stills aus ihrem Filmarchiv, die eingefangenen Atemzüge und Sekunden dienen ihr neben Erinnerungen als Vorlagen für ihre Arbeiten. Sie erzählt uns aber auch von einem wiederkehrenden Alptraum, der Angst, dieses Archiv zu verlieren. Ein paar Tage bevor wir Annabell in ihrem Studio an der Kunstschule Weissensee besuchen, passiert genau das. Ihr digitales Archiv geht verloren, sie hat nur noch die ausgedruckten Stills. Es wird Zeit für neue Erinnerungen.

Das verlorene Filmarchiv der Annabell Häfner by Eirikur Mortagne, 2017 | Kunsthochschule Weissensee

Annabell, wir sind auf Dich aufmerksam geworden im Rahmen der Groupshow „Uk to Germany“. Wie kam das zustande?

Sang Woo Kim hat diese Ausstellung kuratiert und sein Wunsch war es eine Kooperation und einen Austausch zwischen jungen Künstlern oder Studenten aus Berlin und seiner Heimat London herzustellen. Ich kenne Sang seit beinahe 2 Jahren, seit wir gemeinsam als Models für Zara gearbeitet haben und seitdem sind wir sehr gute Freunde und teilen unsere Leidenschaft fürs Malen. Er brachte seine Freunde und Kommilitonen aus London und ich meine aus Berlin.

Annabell Häfner im Studio by Eirikur Mortagne, 2017 | Kunsthochschule Weissensee

30x21cm Acryl_ Kreide auf Papier

Du studierst seit 2014 in Weissensee Kunst, war diese Schule und Berlin von Anfang an Wunsch?

Ja, das war es tatsächlich, ich könnte mir noch immer nichts besseres vorstellen!

Und was schätzt du an Weissensee und Berlin generell als Ort für dich als junge Künstlerin?

Für mich ist Berlin als Metropole wahrscheinlich einer der besten Orte die es gibt für junge Künstler!

Hier leben Menschen aus der ganzen Welt und es gibt viele Möglichkeiten und Freiheiten. Das kulturelle Angebot ist groß und ständig in Bewegung, weil jeder Teil davon sein kann. Dabei ist Weissensee, die Kunsthochschule, für mich fast ein Zuhause, ich habe dort mein Atelier und meine besten Freunde. Dadurch, das die Schule relativ klein ist, ist der Kontakt zu Mitstudenten aus allen Fachbereichen und Professoren sehr persönlich und familiär. So kommt es zu vielen interdisziplinären Projekten, was ich unheimlich wichtig und schön finde.

30x21cm Acryl_ Kreide_ Kollage auf Karton

Und erzähle uns doch mal wie das alles bei dir anfing, wie bist du dazu gekommen Kunst zu studieren?

Ich  male eigentlich schon seit ich denken kann und war mir immer sicher mal etwas kreatives studieren zu wollen. Freie Kunst zu studieren habe ich mir allerdings lange nicht zugetraut, bzw gar nicht in Erwägung gezogen, sowas gibt es auch in meiner Familie nicht. Ich dachte an Illustration oder Kunstlehramt. Dann habe ich einen Studienvorbereitungskurs besucht und gesehen, wie selbstverständlich andere ein Freie Kunst Studium in Betracht zogen. Auch die Professoren dort rieten mir eindeutig zu einem Malereistudium und gaben mir viel Selbstvertrauen, sodass ich mich dann an der Weissensee in Berlin für Malerei bewarb.

Du modelst unter anderen für Vivienne Westwood, kannst du dir vorstellen diese Erfahrungen in deine Bilder mit einfliessen zu lassen, bzw. beeinflusst es in irgendeiner Form deine Kunst, oder ist es einfach nur ein Nebenverdienst?

Meine Arbeit als Model inspiriert und beeinflusst meine Malerei sehr. Ich arbeite hauptsächlich im Ausland und habe so die Möglichkeit ständig neue Orte, Kulturen und Menschen kennenzulernen und bin immer neuen, unvorhersehbaren Situationen ausgesetzt. Die Modeindustrie ist eine ganz eigene Welt, irgendwie anziehend und wahnsinnig spannend, aber auch sehr hart und nicht immer so glamourös, wie viele denken. Aber ich habe so viele Leute getroffen, die mit ausgesprochener Leidenschaft in dieser Branche arbeiten und es ist immer gut leidenschaftliche Menschen zu treffen.

Dabei Menschen kennenzulernen wie Vivienne Westwood ist sehr, sehr beeindruckend und inspirierend und hat mich in jeden Fall geprägt.

Annabell Häfner im Studio by Eirikur Mortagne, 2017 | Kunsthochschule Weissensee

Erzähle uns ein bisschen über deinen Arbeitsprozess, wie entstehen die Motive und wovon lässt du dich inspirieren?

Meine Motive sind größtenteils Szenen und Momente aus meiner Erinnerung. Orte und Personen, zu denen ich eine starke persönliche Bindung habe.

Ich war immer schon ein sehr nostalgischer Mensch ..

Öl auf Karton

.. schon als Kind, und habe vor vielen Jahren angefangen meinen Alltag auf Video zu dokumentieren. Ich habe meine Kamera immer bei mir und mittlerweile ein Archiv, was ungefähr 7 Jahre zurück geht. Ich nutze die Videos als Erinnerungssammlung und Bestandsaufnahme der Orte und Personen für meine Bilder. Beim Malen dieser Momente faszinieren mich die Farben, das Licht und die Schnelligkeit in der ein Augenblick vergeht. Wie er in einer Sekunde ganz klar und konkret und dann verschwommen, laut oder leise, aufgeregt oder ganz ruhig und beiläufig sein kann und so eine ganz bestimmte Stimmung wiedergibt.

Malerei und Zeichnung zu kombinieren ist für mich ein Weg, ein Gefühl auszudrücken, durch Farben und Flächen und gleichzeitig zu Erzählen, durch Linien – wie Schreiben!

Schloß Beesenstedt, 42x42cm acryl auf karton

Schloß Beesenstedt, 42x42cm acryl auf karton

Annabell Häfner hat ein starkes Auge und Gespür für die Schönheit und Flüchtigkeit von Momenten, Augenblicken.

Aber eben auch für die Vergänglichkeit derselben und die klare Einsicht das es bei bestimmten Aufnahmen aus ihrem Archiv, absolut sinnlos ist diese versuchen zu malen, da sie an die Schönheit und Einzigartigkeit, ja Qualität derselben malerisch niemals heranreichen könnte wie sie sagt. Diese Erkenntnis zeugt von einer fast schon radikalen Selbstwahrnehmung der jungen Malerin in Bezug zu ihren Arbeiten, bzw. dem Zeitpunkt ihrer Schaffensphase in der sie sich momentan befindet.

Annabell Häfner im Studio by Eirikur Mortagne, 2017 | Kunsthochschule Weissensee

Als junge Kunststudentin, fast am Anfang möchte man sagen, das ist aber nicht ganz richtig. Häfner wuchs in einem Elternhaus auf das sich ausdrücklich und intensiv mit Kunst auseinandersetzt, umgeben von Monet und Emil Nolde wie sie beschreibt. So sind Impressionismus und Expressionismus geläufige Themen und Bilderwelten, und schon als kleines Kind fängt sie an zu malen.

Wenn du eine Groupshow kuratieren könntest mit dir darin, welche anderen Künstler würdest du auswählen in Kombination zu deinen Arbeiten?

Das finde ich bisher noch schwer zu sagen, aber ich finde es im Moment wichtig mit Leuten zusammen zu arbeiten, die im gleichen Stadium sind, wie ich. Studenten und junge Künstler, Leute mit denen man zusammen wachsen und groß werden kann, das hat am meisten Energie für mich.

Wie gehts weiter?

Ich habe noch 2 bis 3 Jahre Studium vor mir und möchte noch so viel wie möglich ausprobieren. Die Hochschule ist ein Schutzraum, den man so vermutlich nie wieder hat um auch Fehler zu machen und sich auszutesten und Sachen auf die Beine zu stellen, wie Gruppenausstellungen und gemeinschaftliche Projekte. Ich möchte auch ein Auslandssemester machen, vielleicht in London, aber trotzdem ist Berlin der Ort an dem ich mir vorstellen kann auch später zur arbeiten.

Annabell Häfner studiert an der Kunsthochschule Weissensee in der Klasse von Werner Liebmann.

Photo credit: The artist & EIRIKUR MORTAGNE