Martin Honert und eine Kindheit in den fünfziger Jahren
Wenn der grüne Wackelpudding leise zittert, vermeint man das Gefühl der glibbrigen Masse im Mund zu haben. Martin Honert will in der Kunst festhalten, was eine Kindheit ausmacht, die prägenden Bilder und Gedanken eines Kindes. Woran erinnern sich Kinder? Sicher nicht an die Schlagzeilen der grossen Weltpolitik. Es sind Gesichter, Geschichten und Gegenstände, die den Einzug ins Gedächtnis schaffen, weil sie mit Emotionen besetzt sind. „Das Flüchtige schafft in mir ein Bedürfnis, es festzuhalten“, sagt Martin Honert und stellt immer wieder die Frage: „Wie kann ich die Erinnerung in eine feste Form bringen?“.
Erinnerungen werden zu Skulpturen
Daraus sind Skulpturen entstanden, die Szenen einer Kindheit nachbilden, Phantasien, Erzählungen und Geschichten wie die vom Kinderkreuzzug oder dem „Fliegenden Klassenzimmer“ von Erich Kästner. Begegnungen mit Lehrern, Momente in der Familie, Gegenstände und Räume zu Hause, im Internat, auf der Strasse. Martin Honert erzählt von sich, aber wenn man durch die Ausstellung im Hamburger Bahnhof geht, werden auch eigene Erinnerungen wach. Und zugleich ist es ein Streifzug durch die Welt der frühen Jahre der Bundesrepublik Deutschland.
Riesen aus Kunststoff – die Arbeitsweise von Martin Honert
Die Skulpturen von Martin Honert sind dreidimensionale Übersetzungen dieser Erinnerungsbilder, meist aus Kunststoffen gefertigt, die in monatelanger Arbeit zusammen mit spezialisierten Handwerksfirmen geplant und gebaut werden. Realität und Phantasie sind stets gleichberechtigte Elemente. Die „Riesen“ zum Beispiel, entsprechen den Massen des bisher grössten lebenden Menschen, Robert P. Wadlow, der 2,72 m gross war, erinnern aber zugleich an klassische Sagengestalten.
Martin Honert ist bis zum 7. April 2013 im Hamburger Bahnhof
Die Skulpturen von Martin Honert sind in der historischen Halle des Hamburger Bahnhofs perfekt in Szene gesetzt. Der Verein der Freunde der Nationalgalerie hat, mit den Team des Museums, rund 30 Werke aus Museen und Sammlungen aus der ganzen Welt in Berlin zusammengetragen. Ein Kraftakt, der sich gelohnt hat. Die Ausstellung wird bis zum 7. April im nächsten Jahr zu sehen sein, bis dahin gilt es eine Menge grüner Wackelpudding anzurühren. Der ist nämlich echt und muss alle paar Tage ersetzt werden.
Ausstellung: Martin Honert. Kinderkreuzzug // Hamburger Bahnhof
Eröffnung: Samstag, 6. Oktober 2012, 19 Uhr
Laufzeit: 7. Oktober 2012 – 7. April 2013
Hamburger Bahnhof – Museum für Gegenwart -Berlin
Invalidenstraße 50-51 // 10557 Berlin
Fotos: Graeme Vaughan