Kunstwerk Concept Store. Und ich so: yeah!
Neulich war ich mal wieder in meinem Lieblings-Concept Store, Greifswalder Straße. Ich weiß, die (also die Greifswalder) ist jetzt nicht gerade der heißeste Szene-Strip in Mitte oder P-Berg, sollte man aber keinesfalls unterschätzen. Und der (also der Store), den ich meine, bringt all das mit, was ich von einem Concept Store erwarte, und das ist zunächst mal ein Konzept. Und hier heißt das: Angebot von Produkten und deren Verkauf an Kunden. Verrückt ist das, beinahe zynisch.
Und wie das dann daherkommt (also das Store Konzept) ist nicht nur geradlinig, minimalistisch und konsequent, nicht nur bedingungslos in seiner Stringenz und „no bullshit attitude“, nein, ich spreche hier von der Urmutter des Reduktionismus im Bereich Point of Sale,
Die konzeptionelle Härte verbietet selbstredend ein hippes Instoredesign, auf ein Musikkonzept (mit/ ohne Live DJ) wird komplett verzichtet. Verzicht auch auf ein sensibles Beleuchtungskonzept, sondern vielmehr „Licht-„in-the-face“. Rumms. Der Gipfel der Arroganz in punkto Customer Experience: Service findet ebenfalls in minimalistischem Rahmen statt (Ware gegen Euro), die Servicekräfte werden erst gar nicht umständlich aus Mitte-Clubs weg gecastet, sondern haben eine Fachausbildung.
Denn: nichts und auch gar nichts soll vom Produkt ablenken. „The Key is in the product“, das wusste schon Bill Bernbach (1911-1982), das „B“ in DDB, und einer der Godfathers of Advertising. Und das Produkt hier beschränkt sich dogmatisch auf Tierprodukte 1. und 2. Ordnung, ein Foodconcept also.
Last but not least ist sogar der Name „so no-nonsense“: Fleischerei Gerlach.
Jaja, witzig, aber so langsam kommt es mir vor als müsse man den Einzelhandel als Kunstform begreifen, so ein Theater wird darum gemacht. Und wenn man den hysterisch-euphorisierten Redakteuren all der zentimeterdicken, kiloschweren auf 150g -Papier gedruckten und in Traumfonts gesetzten Style-Art-Urban-Boheme -sonst was-Coffee Table Magazine Glauben schenken darf, so sind Concept Stores heute und in naher und ferner der Zukunft der heißeste Scheiß.
Aber, Menschen, die Geschäfte einrichten gab es immer schon und das man sich neben dem Sortiment einigermaßen ernsthafte Gedanken um das Drumrum gemacht hat ist nicht ganz neu. Dass also Service, Beleuchtung, Musik, Geruch usw. nicht nur Hygienefaktoren sind, und das alles von mir aus auch „konzeptionell stimmig“ sein muss, habe ich ja auch verstanden. Warum jetzt aber alle Welt inzwischen so tut als müsse der Besuch eines Concept Stores der natürliche Höhepunkt einer sorgsam kuratierten High-end Kunstführung durch Berlin sein (also vor/ nach Boros Bunker, C/O, den Potsdamer Straße Galerien und sofort) bleibt rätselhaft.
Mein Zweitlieblings Concept Store ist übrigens der Kiosk am Rosa Luxemburg Platz. Ziemlich einfach zu verstehen: wir verkaufen so ziemlich alles und sind dabei konsequent und berechenbar unfreundlich.
Text: Oliver Janik
Fotos: HD Schellnack