Elisa Duca (*1978 in Assisi, Italien) lebt und arbeitet in Berlin. Zwischen 1999-2002 absolvierte eine Schauspielausbildung am Teatro aperto/Teatro Dehon in Bologna und studierte Kunst, Musik, Theater und Film am Institut „D.A.M.S.“ der Universität Bologna, wo sie 2007 einen Masterabschluss erwarb. Ihre Arbeiten waren u. a. in den Sophiensaelen in Berlin (2009, 2010, 2013), im Deutschen Theater Berlin (2015), in der Studiogalerie 1 Shanthi Road in Bangalore (2016), im Bopiliao Historical Block/IDOLON STUDIO in Taipei (2016) und im Kabinett im Zentralwerk in Dresden (2017) zu sehen. Duca erstellt großflächige orts- und kulturbezogene Installationen, die sich wie lebende Organismen ausbreiten und vielfach mit alltäglichen Objekten und deren Bedeutung arbeiten. Durch performative Eingriffe erweitert sie diese Systeme immer wieder.
Deine aktuelle Arbeit „Peachness“ hat mich seit der Entstehung schon an Byung-Chul Han erinnert, der ein Buch über das Schöne schrieb, und in einem Interview dazu postulierte: „
Das Glatte charakterisiert unsere Gegenwart
Viele der gefundenen Objekte, die in deiner Installation – einer Arbeit, die sich um ein traditionelles chinesisches Gebäck zentriert, das laut einer Legende ewige Jugend verspricht – zu sehen sind, kommen aus dem Beauty-Bereich, haben Rundungen, sind glatt, schleimig und entsprechen einem ähnlichen Farbschema. Glaubst du auch, dass generische Schönheitsideale, Unversehrtheit und Jugend in der heutigen Gesellschaft dominieren?
Ganz so eindeutig ist das bei mir nicht. Meine Objekte sind da, wo sie glatt sind, oft auch eklig. Und trotzdem bleiben sie für mich anziehend. Sie sind nicht wirklich reine Repräsentationen von Schönheitswahn. Mir geht es mehr darum, kognitive Dissonanzen herzustellen. Einem Ding gegenüber mehrere, widersprüchliche Gefühle zuzulassen. Ein Schönheitswahn ist in unserer Gesellschaft bestimmt da. Ob er sie dominiert, interessiert mich vielleicht gar nicht so. Ich bediene mich da einfach.
Du hast Arbeiten jeglicher Größenordnung geschaffen und sprichst davon, dass du immer versuchst Systeme zu bauen, in denen die Bedeutung zirkuliert. In diesem Zusammenhang unterstreichst du, dass dir Begriffe wie Netzwerk oder Rhizom wichtig sind. Erklär uns, was das heißt und wie es sich auf deine Praxis auswirkt.
Wir leben mitten in einer Flut von Waren. Und das ist nicht neu. Ich bewerte das aber nicht. Ich mag Dinge, ich bin Totemistin! Ich gehe mit der Situation um, wie sie ist.
Ich glaube, dass die Dinge uns viel über die Welt erzählen können, in der sie entstanden sind, in der sie leben, in der sie benutzt werden…
Und ich dekontextualisiere sie, setzte sie in Beziehung zu anderen Dingen aus anderen Welten, schaffe also immer wieder neue Netzwerke. Auch, aber nicht nur durch das Performative entstehen neue Beziehungen. Der Raum den ich schaffe, ist offen und egalitär, alles ist gleich wichtig, auch ich als Performerin bin nicht wichtiger als die Dinge, die ich manipuliere. In meiner Vorstellung sind die Dinge flüssig, ihre Bedeutung fließt in viele verschiedene Richtungen, Bedeutungsstränge verflechten sich miteinander und lösen sich wieder auf. Das kann und will ich nicht immer kontrollieren.
Du hast über den Ausstellungszeitraum von The Female Gaze II im Haus am Lützowplatz vor Ort mehrfach performative Eingriffe vorgenommen, und damit immer wieder das bestehende System in Frage gestellt. Ist eine Arbeit für dich jemals fertig, abgespielt? Und wenn ja, was ist das gewünschte Endresultat?
Meine Arbeiten sind performative Installationen, und natürlich spielt das Performative eine große Rolle. Die Objekte und Materialien wähle ich aber immer auch so aus, dass sie eigenständig mitperformen. Sie verändern sich, schrumpfen, trocknen aus, werden flüssig… Das Prozesshafte ist immer da. Meine Arbeiten sind lebende Organismen. Oder anders ausgedrückt: Was ich mache, sehe ich auch als Weiterentwicklung der Performance Art. In unserer Welt, in unserer Gegenwart, wo der Mensch nicht mehr im Mittelpunkt steht, sondern Teil eines Systems ist.
Also: Nein, die Arbeit ist in dem Sinne nie fertig, und es gibt kein Endresultat. Es geht um den Prozess.
Erzähl uns kurz von deinem kommenden Projekt!
Im Augenblick arbeite ich merkwürdigerweise doch an Wegen, die Peach Buns aus der Arbeit PEACHNESS – die ja ewige Jugend versprechen, aber gleichzeitig aus organischem Material bestehen und sehr vergänglich sind – aus dem Fluss der Zeit herauszunehmen und einzufrieren. Ein Paradox. Mal sehen, was da passiert!
Und gleichzeitig arbeite ich an einer neuen performativen Installation, da bin ich noch ganz am Anfang. Ich will nicht zu viel verraten, ich kann nur sagen, dass sie mit Mermaiding zu tun haben wird!
The Female Gaze – on Body, Love and Sex
http://www.hal-berlin.de/ausstellung/kuratiert-von-isabelle-meiffert/
Author: Achan Malonda for ARTBerlin