The Female Gaze – on Body, Love and Sex: EGLÉ OTTO

Interview 

The Female Gaze – on Body, Love and Sex: EGLÉ OTTO

Im Rahmen der von Isabelle Meiffert kuratierten Ausstellung The Female Gaze – On Body, Love, and Sex, stellen wir Euch wöchtentlich eine der Künstlerinnen vor. Das Berliner Spin-Off der Ausstellung, The Female Gaze – On Body, Love, and Sex II – zeigt neue Arbeiten und hat einen leicht veränderten Fokus. Die Ausstellung ist noch bis zum 17. Juni, in der Studiogalerie vom Haus am Lützowplatz zu sehen. Heute stellen wir Euch Eglé Otto vor!

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Portrait Eglė Otto, 2018, Foto: Ralph Baiker

Du hast dich bereits in frühen Malereien mit Rollenzuschreibungen und ihren Auswirkungen beschäftigt – sowohl in der Kunstgeschichte als auch in unserer heutigen Gesellschaft. Ich denke bspw. an das Bild Botticelli, Giotto, Grünewald, da Vinci, Mantegna, Rosetti, Ensor, Parmigianino, Lippi, Raffael, van der Weyden, Ingres, Ernst oder an die Auflistung von Malerinnen, die damals kaum bekannt waren. 2016 hast du eine Serie von Körperbildern begonnen, die du noch immer fortführst. Welchen Fragestellungen gehst du dabei nach? 

Gerade ist mir die Malerei wie ein schambesetzter Exhibitionist und dagegen male ich an. Der Wunsch, den Mantel zu lüften ist außerordentlich groß, aber da gibt es einen Widerstand! Mich interessiert: Was wird nicht gezeigt und wird uns durch das nicht zeigen etwas genommen? Ich sehe da einen Konflikt und frage mich: Wie kommt das und wie lässt es sich überwinden, zu welchem Zweck überhaupt und was bedeutet das für das Kollektiv? Malerei ist mein Fitnessstudio, in dem ich der Trägheit des Körpers entgegen trainiere. Ich beschäftige mich damit, die Signale zwischen Kopf, Herz, Bauch, Vagina und Beinen in die rechte Hand bis zum Pinsel hin zu koordinieren und mit möglichst geringer Verzögerung auf die Leinwand zu überführen, um die Debatte in der Malerei zu befeuern. Malen ohne Koketterie, aber mit Risiko. 

Eglė Otto, o. T., 2016, Öl auf Leinwand, 70 x 70 cm, Foto: Ralph Baiker, courtesy: the artist and Galerie Mathias Güntner

Du hast deinen ganz eigenen Stil gefunden. Und doch ist in deinen Arbeiten eine intensive Auseinandersetzung mit der Kunstgeschichte zu spüren. Du zitierst Albrecht Dürers Engelsdarstellungen genau wie Piero Manzoni signing a Living Sculpture. Bei deinen Körperdarstellungen fühle ich mich mitunter an die Formensprache von Louise Bourgeois erinnert. Auch die Malereien von Maria Lassnig, Alice Neel und Cecily Brown werden häufig angeführt. Welche Vorbilder hast du und mit welchen Positionen setzt du dich aktuell auseinander? 

Ein nachhaltiges Erlebnis hatte ich mit den Malereien von Monika Baer, die ich erst in der Pinakothek der Moderne in München und dann auf der  documenta 12 gesehen habe. Das war wie ein Schlag ins Gesicht. Ich war irritiert und ganz aufgebracht. Es war wie bei einem Würfelspiel. Sie hat all meine Koordinaten zum Vermessen von Kunst in einen Würfelbecher geworfen, fest geschüttelt und mit einem Wurf neu kombiniert. 

Eglė Otto, o. T., 2016, Öl auf Leinwand, 130 x 107 cm, Foto: Ralph Baiker, courtesy: the artist and Galerie Mathias Güntner

Kürzlich erst war ich sehr begeistert von Laure Prouvosts Ausstellung bei carlier | gebauer in Berlin und später im MMK 3 in Frankfurt. Ich lasse mich gern von der Kunst verführen. Und sie schafft es, die Grenzen der Realität zu verschieben. Was ich gerade noch als alltägliche Begebenheit verstanden habe, entpuppt sich als Teil der Inszenierung. Sie spielt meinem Unterbewusstsein einen Streich, während ich versuche, ihre Arbeit mit dem Kopf zu fassen. Fantastisch!

Ein Evergreen ist und bleibt Kippenberger!

Seine Arbeit hat einen hohen Unterhaltungswert, der  aus dem Zusammenspiel von Titel und Bild entsteht. Außerdem finde ich all seine Aktionen genauso relevant wie die Malerei. Er hat damit in die Gesellschaft hinein gekrallt, was ich auch an der Arbeit von Beuys schätze! Auf Instagram folge ich aktuellen Positionen in der Malerei und regelmäßig kehre ich in die Frührenaissance zurück. Der damalige Bildaufbau nach der Erfindung der Zentralperspektive hat einen Wohlklang. Die Bilder sind andächtig und berühren mich tief mit ihrer ehrfürchtigen Haltung und Demut. Vorbilder in dem Sinne habe ich nicht, sie alle sind mir vielmehr Begleiter_innen und Gesprächspartner_innen.

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Eglė Otto, o. T., 2018, Öl auf Leinwand, 190 x 160 cm, Foto: Ralph Baiker, courtesy: the artist and Galerie Mathias Güntner

Kannst du uns einen Ausblick geben, wie es für dich nach der Ausstellung weitergehen wird?

Die Bilder, an denen ich seit 2016 arbeite, haben keine Titel. Der Versuch, Ihnen welche zu geben, hat das Bild nicht erweitert, sondern ihm etwas genommen. Aber Sprache hat eine starke Sogwirkung auf mich. Ich sympathisiere mit der Idee, Bilder mit guten Titeln zu malen. Vielleicht würde ich mit dem Titel Alle Spätaussiedler machen ihren ersten gemeinsamen Ausflug zum Schloss Höhenscheid beginnen.

Author: Isabelle Meiffert für ARTBerlin 

Header Photo:  Eglė Otto signiert ihre Kinder, 2018, Silbergelatine-Abzug auf Barytpapier, je 32 x 25 cm, Foto: Ralph Baiker, courtesy: the artist and Galerie Mathias Güntner

HAUS AM LÜTZOWPLATZ BERLIN

Eröffnung: Freitag, 4. Mai 2018, 19 Uhr

Ausstellung: 5. Mai–17. Juni 2018

Ort: Studiogalerie – Haus am Lützowplatz, Lützowplatz 9, Berlin

Öffnungszeiten: Dienstag – Sonntag, 11 – 18 Uhr

http://www.hal-berlin.de/ausstellung/kuratiert-von-isabelle-meiffert/

KUNSTHAUS ERFURT

Eröffnung: Freitag, 6. April 2018, 20 Uhr

Ausstellung: 07.04. – 01.06. 2018

Ort: Kunsthaus Erfurt, Michaelisstraße 34, Erfurt

Öffnungszeiten: Dienstag -Freitag 12-18 Uhr u.n.V.

http://www.kunsthaus-erfurt.de/?p=2780