Facebook hat kürzlich ein Foto der „Venus von Willendorf“ zensiert, eine 30.000 Jahre alte, 11 cm kleine Statuette aus der Altsteinzeit, die weltweit als bekannteste prähistorische Darstellung einer Frau, Mutter, Göttin gilt. Die erste Reaktion darauf bei mir war Kopfschütteln ob der Absurdität, und dann gleich als nächstes Wut.
Like Goddess Kali Wut.
Die Figur sei „gefährlich pornografisch“. Nicht nur darf man ein wenig Allgemeinwissen und die Fähigkeit eine „pornografisches Foto“ (was ist eigentlich Porno?) von einer prähistorischen Fruchtbarkeitsfigur zu unterscheiden voraussetzen, es ist vor allem die Arroganz mit der hier vorgegangen wird und die Wahrnehmung des weiblichen, mütterlichen Körpers, die hier wirklich fassungslos macht.
Also Ja. Ganz offensichtlich brauchen wir eine Erweiterung des Mutterbegriffs in dieser unseren Gesellschaft, und die Fragestellung der Groupshow bitch MATERial:
Was ist eine Mutter heute?
Frau, Löwin, Schlampe, Hure oder Heilige? ist eine, die aktueller gar nicht sein könnte und die anscheinend immer wieder neu verhandelt und auch artikuliert werden muss. Und das schließt die Kunst mit ein.
Passend dazu möchte ich hier die Kollegin Jia Tolentino, vom New Yorker mit zwei Sätzen zitieren:
For years – for centuries – the economic, physical and cultural subjugation of women has registered as something like white noise. Lately, it appears that we are starting to hear the tune.
In diesem Sinne möchten wir Euch die Ausstellung bitch MATERial, die insgesamt 30 Künstler*innen und Positionen zeigt, die dem Begriff der Mutter, und der Bitch, nicht nur Dynamik, sondern auch Komik, Macht und Bedeutung geben, ans Herz legen.
Künstlerinnen wie Pipilotti Rist, Oda Jaune, Cornelia Renz, Ruprecht von Kaufmann oder das Berliner Künstler Paar Römer & Römer sind vertreten. Die Kuratorinnen und Initiatorinnen Saralisa Volm und Britta Helbig legen vor, was hoffentlich nur der Anfang einer visuell geführten Disskussion ist. Wir wünschen uns Volume 2 und 3 und …
.. außerdem gibt es sogar einen Männerstammtisch am 6. April im Programm, was will „Mann“ mehr?
Kuratorisch beraten wurden die beiden übrigens von Marie-Ève Lafontaine die Berlin leider verlassen hat.
Header Bild: Almagul Menlibayeva EXODUS still 2009
bitch MATERial
Gruppenausstellung zur Erweiterung des Mutterbegriffs
kuratiert von Britta Helbig und Saralisa Volm
(kuratorische Beratung: Marie-Ève Lafontaine).
22. März bis 8. April 2018
Studio 1, Kunstquartier Bethanien Berlin
Rosemarie Trockel, Iris Schieferstein, Almagul Menlibayeva, Oda Jaune, Annique Delphine, Julija Goyd, Mathilde ter Heijne Oliver Rath, Courtney Kessel, Tracey Snelling, René Schoemakers, RÖMER + RÖMER, Cornelia Renz, Ruprecht von Kaufmann, Kirsten Becken, Jen Ray, Peter Wilde, Miriam Lenk, GODsDOGs, Bettina Moras, Vera Kochubey, Anina Brisolla, Vincent Dance Theatre
Künstler*innen des Begleitprogramms:
Various & Gould, Jo Clifford