Jochen Plogsties im Collectors Room Hamburg

Interview 

Jochen Plogsties im Collectors Room Hamburg

Gutes Timing hatte Jochen Plogsties ohne Zweifel als Kunst Student. Sein Diplom absolvierte er noch bei Arno Rink, der als einer der wichtigsten Wegbereiter der Neuen Leipziger Schule gilt, um dann als einer der allerersten Meisterschüler von Neo Rauch weiter zu studieren, der damals mit seiner Professur Rink ablöste.
10 Jahre später treffen wir Jochen Plogsties kurz vor der Eröffnung seiner Solo Show „Only Lovers left Alive“,
im Collectors Room der Kuratorin und Kunstliebhaberin Andrea von Götz und Schwanenfliess in Hamburg.

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Andrea von Goetz und Schwanenfliess; Photo: Martin Peterdamm

Es ist die Ruhe vor dem Sturm, als wir uns mit Jochen Plogsties im Collectors Room an einen Tisch setzen um über seine aktuellen Arbeiten zu sprechen. Es ist das Epizentrum und Refugium von Andrea von Goetz und Schwanenfliess, die hier seit der Eröffnung im letzten Jahr „ihre“ Künstler zeigt. Die menschliche Ebene spielt dabei eine auschlaggebende und große Rolle, mit allen Künstlern verbindet die Kunstliebhaberin eine langjährige Freundschaft. Und das spürt man. Ansonsten zeigt sie, was ihr gefällt, unabhängig von diktierten Markttrends oder einer politischen Agenda. So wird sie in diesem Jahr z.B. noch Arbeiten von Muhannad Shono ausstellen, einem Künstler aus Saudi-Arabien. Ganz ohne Flüchtlingsbackground oder Drama, einfach nur ein guter und spannender Künstler. Das muss reichen. Darauf angesprochen entgegnete die studierte Soziologin:

Kunst ist frei! Kunst muss erst mal gar nichts. Je enger es da draußen wird, um so freier soll es hier in diesen Räumen sein!

Dem haben wir nichts hinzuzufügen!

Acht Jahre ist es her, dass sie eine Arbeit von Jochen Plogsties auf der Art Forum Messe in Berlin entdeckt und gekauft hat. In der Zwischenzeit hat sich bei beiden einiges getan. Die Solo Show „Only Lovers left Alive“ – eine Ausstellung in der sich Plogsties inhaltlich wieder auf berühmte Positionen der Kunstgeschichte bezieht, hat es in sich. Denn Plogsties malt grundsätzlich nur nach Vorlage, aber das ist nur ein kleiner Teil des Bildes, so to speak.

Red Harmony, 30 x 42 cm, Öl auf Leinwand, 2018 [Nach: Henri Matisse, Harmonie in Rot, 177 x 218 cm, Öl auf Leinwand, Eremitage, St. Petersburg, Rußland. In: Henri Matisse, Jan Selz, Südwest Verlag München, S.21.]

Wie kam es denn dazu Jochen?

Mit Vorlagen arbeite ich eigentlich schon immer. Ich arbeite nicht so, dass ich mir selbst was ausdenke in meiner Fantasie.
Ich finde es für mich sinnvoll, dass es etwas gibt worauf ich mich beziehe, denn dann passiert auch etwas mit mir.
Und dann gab es diesen Moment, wo ich mir dachte ich muss diese Vorlagen etwas ernster nehmen, vor allem die Komposition. Wie funktioniert diese wirklich?

Ist es nicht auch sehr intim wenn du dich einer Arbeit eines alten Meisters näherst, man braucht doch auch ein sehr großes Selbstbewusstsein, bzw. du kommst ja diesem anderen Künstler quasi sehr nahe damit?

Ja, das stimmt und ich glaube schon das es Annäherungen sind. Auch Andrea hatte mich gefragt sind das jetzt Annäherungen oder Aneignungen? Ich glaube schon, dass es dies ist im Sinne einer Zähmung einer Sache. Man rückt sich immer einen Schritt näher. Es dauert ja auch mitunter Jahre. Es geht selten sehr schnell. Die Arbeit Beyoncé ist ein Beispiel für eine erste Beschäftigung mit dem Cover, das erstmal so bleiben konnte und sehr schnell ging.

Natürlich habe ich damit zu tun, wieviel Respekt habe ich, aber vor allem auch wie gut höre ich zu?

Und wie sehr höre ich mich selbst plappern. Ich sehe etwas und ich mache etwas. Die Frage ist dann schon wie gut habe ich es gesehen und wie gut habe ich zugehört. Das klingt banal, aber es ergibt ein sehr interessantes Spannungsfeld. Ich habe da auch das Gefühl, dass ich sehr viel über mich erfahre, über das Objekt das ich anschaue, den Urheber und auch das Motiv.

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Beyoncé, 60 x 42 cm, Öl auf Leinwand, 2018 [Nach: Fundstück: Shape Cover, Mai 2013, 27,9 x 21 cm.]

Du setzt dich sicher auch vorher mit eben genau dem Motiv, der Zeit in der so ein Meisterwerk entstand auseinander, manche Bilder sind z.b. historisch sehr aufgeladen, oder waren ihrer Zeit damals voraus. Spielt das eine Rolle?

Auf jeden Fall. Das Erstauswahl-Kriterium ist vor allem intuitiv und visuell. Interessant ist dann, dass ich in der Beschäftigung immer mehr darüber erfahre und lese und dann sehr oft die Erfahrung mache, dass dieser erste intuitive Moment oft viele Sinn-Verknüpfungen hat. Der Mensch ist ja kaum in der Lage nicht zu interpretieren. Der Mensch ist immer Interpret einer Sache und meistens ein wertender Interpret.

So kann man die verschiedenen Schichten in denen du arbeitest fast in verschiedene Gedankenprozesse gliedern, die auch dann im Bild wieder zu finden sind?

Genau. Der Versuch ist eigentlich ganz einfach. Ich male nur die Schatten und das Licht der Vorlage. Klar ist das ein abstraktes Moment, aber ich merke, dass ich mich immer wieder in die Geschichten verheddere. Und das ist eine spannende Frage. Wann merke ich, dass ich mich verheddere und wann nicht. Und wie gehe ich zurück und wie gehe ich auch selbst damit um. Bin ich mir böse, dass ich mich verheddere oder fand ich es toll.

Es gibt so viele Zustände wo man dem Gegenüber nicht mehr zuhört..

.. und irgendwo in seinem eigenen Gedankenkonstrukt drin ist, was dann sehr autistisch ist. Ich glaube, dass es sehr spannend ist ein Miteinander mit dem Gegenüber zu erzeugen und eben auch mit Bildern. Auch unsere Traumwelt ist eine Bilderwelt.

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Whodini, 14,8 x 14,8 cm, Öl auf Leinwand, 2018 [Nach: Whodini, Strapaholic MPM, Plattencover, Itsdjxman, 2014. Und: The Knife, Pass this on, Plattencover, Rabid Records, 2003. Und: Sonic Youth, Daydream Nation, Plattencover, Goofin´, 1988. In: https://www.rollingstone.com/music/lists/500-greatest-albums-of-all-time-20120531/sonic-youth-daydream-nation-20120524.]

Genau, das ist ja dann auch immer ein Dialog mit dem Betrachter, immer abhängig davon was er weiß, was er sieht.

Richtig. Das sind so verschiedene Ebenen die mich sehr interessieren. Über die Beschäftigung mit dieser Motivwelt der Alten Meister wurde mir auch deutlicher, wie man so eine Komposition eigentlich auch verstehen kann. Wie organisiert man Formen auf einer Fläche.

Das hat auch mit den geometrischen Mustern zu tun, die ja sehr prägnant sind in dieser neuen Serie?
Sie kommen mir fast vor wie Netze, die wie eine Federung wirken für die anderen Schichten des Bildes. Benutzt du dann auch genaue Maße?

Ja, es geht um sehr genaue Maße, allerdings hat die Malerei auch immer etwas sehr Ungenaues. Alles, was in der materiellen Welt stattfindet ist unpräzise. Das ist natürlich auch eine Frage auf die ich hinausmöchte. Was nutzt uns unser Menschsein in einer Welt mit Computern, die eine Reproduktion eines Bildes in ein paar Sekunden fehlerfrei wiedergeben können? Und warum kann er das?  Weil er nicht wertet. Egal, was der Computer ausdruckt, eine nackte Frau, eine Blume oder Hitler? Völlig egal. Sobald man als Mensch drauf guckt ist man involviert. Das heißt als Mensch habe ich ein ganz anderes Problem bei einer Reproduktion als eine Maschine.

Ich beschäftige mich also mit etwas was eine eingebaute Schwierigkeit hat, aber auch gleichzeitig auf das Mensch-Sein verweist.

Quasikristall, 60 x 42 cm, Öl auf Leinwand, 2018

Ryoan-Ji, 60 x 42 cm, Öl auf Leinwand, 2018

Aber es gibt eben diese Matrix dahinter.

Es gibt eine Matrix, ja. Die ist sehr ideell und abstrakt. Wir kennen die Ornamente mit denen ich arbeite aus dem arabischen Raum.

Beim Betrachter gibt es da schnell ein Déjà-vu Gefühl?

Ja! Die Geometrie ist ja auch der Natur abgerungen. Die Ornamentik die dahinter liegt ist eine Form der Matrix mit der ich ein Grundmuster erarbeite dem ein 5 Stern zugrunde liegt. Was mir bei der Beschäftigung damit aufgefallen ist, dass es einen einfachen aber sehr prägnanten Unterschied gibt zwischen einem 5er Stern und einem 6er Stern. Wenn man mit einer 6er Form arbeitet wie die Biene das tut, hat das einen pragmatischen Grund. Das muss stabil sein. Wenn ich aber in einer 6er Form denke ist es ein Muster das sich immer gleich wiederholt. Wenn ich aus diesem Muster raus will, quasi die totale Revolution, muss ich das Muster zerstören, sonst behalte ich immer dasselbe bei. Wenn man hingegen mit einer 5er Form arbeitet, wiederholt es sich zwar auch ähnlich, aber man muss an jeder Stelle eine Entscheidung treffen, da es immer nach links oder nach rechts kippt.

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Quasiperiodic, 60 x 42 cm, Öl auf Leinwand, 2018

Eine sogenannte quasi-periodische Wiederholung. Sie wiederholt sich ähnlich aber nicht gleich. Und das finde ich von meiner Welterfahrung her spannend, denn ich habe das Gefühl und die Erfahrung, das mein Handeln auch gewissen Mustern unterworfen ist. Wir leben in einer Welt in der ich mir ständig Muster aufbaue. Dieses starre System, dieses 6er Muster gefällt mir aber nicht, ich will auch gar nicht glauben, dass ich in diesem Muster lebe. Und dann viel mir auf, dass das 5er Muster die Notwendigkeit, aber auch die Möglichkeit der Entscheidung mit beinhaltet. Kreativität ist bei diesem Muster die Grundvorraussetzung und es ist auch ein sehr freier Gedanke. Natürlich ist das jetzt eine sehr abstrakte Ebene.

Ja aber ich finde das sehr wichtig, diese abstrakte Ebene. Denn so kann man als Betrachter nachvollziehen was in dieser Ebene, dieser Matrix alles passiert. Es ist ja malerisch auch die erste Schicht.

Genau. Es ist auch die Grundebene, die ich erstmal auf die Leinwand lege.
Zum Beispiel der „Liebeszauber“ vom anonymen Niederrheinischen Meister und das Stillleben der Walderdbeeren von Adriaen Coorte, zeigen in der Komposition deutliche Zusammenhänge. Die Figur der aufrechten Erdbeerblüte entspricht in ihren wesentlichen Punkten der Akteurin im Liebeszauber, die Figuren überschneiden sich deckungsgleich. Dies wird deutlich, wenn man beide Bilder transparent übereinanderlegt.

Love Magic, 42 x 30 cm, Öl auf Leinwand, 2018 [Nach: Niederrheinischer Meister, Der Liebeszauber, 24 x 18 cm, Öl auf Holz, 1470/80, Museum der bildenden Künste Leipzig. Fundstück: Postkarte, F2371, Museum der bildenden Künste Leipzig, Deutscher Kunstverlag, München, Berlin.]

Love Magic, 42 x 30 cm, Öl auf Leinwand, 2018 [Nach: Niederrheinischer Meister, Der Liebeszauber, 24 x 18 cm, Öl auf Holz, 1470/80, Museum der bildenden Künste Leipzig. Fundstück: Postkarte, F2371, Museum der bildenden Künste Leipzig, Deutscher Kunstverlag, München, Berlin.]

Beiden scheint dasselbe Raster zugrunde zu liegen. Auf der Suche nach einem möglichen Raster bin ich dann bald bei arabischen Ornamenten gelandet. Und das auf dem Fünfeck beruhende Ornament bietet erhebliche Anhaltspunkte. Alleine, dass es im Außenverhältnis, also dem Bildformat dem des Liebeszaubers mit 1:1,376 exakt entspricht.
Das Walderdbeer-Stillleben ist zwar etwas breiter, aber es ist eben genau ein elftes Teil breiter als der Liebeszauber.

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Walderdbeeren, 60 x 42 cm, Öl auf Leinwand, 2018 [Nach: Adriaen Coorte, Stillleben mit Walderdbeeren, 16,5 x 14 cm, Öl auf Papier auf Holz, 1705, Mauritshuis, Den Haag, Niederlande. In: http://commons.wikimedia.org/wiki/File:Coorte_5.jpg.]

Kommen wir mal zu der Betty Page Arbeit. Wenn ich die Credits durchlese, dann sind das insgesamt drei verschiedene Motive die in diese Arbeit mit hineingeflossen sind. Wie entsteht das? Also was muss ein Fundstück haben. Wie funktioniert diese Auswahl?

Bei diesem Motiv dachte ich zu erst, dass es viel transparenter wird, ist es aber dann nicht geworden. Sagen wir mal so: Es ist offensichtlich, ich arbeite in diesen Schichten und diese Abstraktionsebene ist die erste, die aber durchlässig ist wie ein Netz ist. Dann kommen diese Bildebenen, die sich dann ein wenig in diesem Netz verheddern. Und der Begriff Geschichte ist eigentlich auch sehr spannend, denn er hat das Wort Schichtung mit drin. Das heißt verschiedene Lagen von Ereignissen ergeben bestimmte Schichten. Und die Frage ist dann auch was erkennt man wenn man auf die Oberfläche blickt?

Und wieviel macht das was man nicht sieht, unter der Oberfläche aus?

Denn auch wenn man es nicht sieht, wirkt es aber trotzdem mit. Das Licht geht mitunter die Oberfläche und reflektiert mit was unter der Oberfläche liegt. Als Maler lernt man dann Dinge wie ein bisschen Orange unter das Blau, damit es mehr leuchtet zum Beispiel. Das ist dann eine sehr technische Herangehensweise, aber man kann es auch auf der philosophischen Ebene betrachten.

Und so beginnen die Figuren dann zu leuchten.

Das meinte ich als ich vorher sagte ich male das Licht, das ich in der Vorlage sehe. Das soll dann am Ende auch wieder da sein. Es wird also auch immer intimer um mal eine ganz schnelle Antwort zu geben.

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Goldfish, 60 x 42 cm, Öl auf Leinwand, 2018 [Nach: Fundstück: Rolling Stone Cover, Nr.1, Januar 2001, 30 x 23 cm. Und: Fundstück: Postkarte Betty Page, Bunny Yeager, 1955-1957, 16,1 x 11,1 cm, Benedikt Taschen Verlag GmbH, Köln. Und: Niederrheinischer Meister, Der Liebeszauber, 24 x 18 cm, Öl auf Holz, 1470/80, Museum der bildenden Künste Leipzig. Fundstück: Postkarte, F2371, Museum der bildenden Künste Leipzig, Deutscher Kunstverlag, München, Berlin.]

Es ist quasi unmöglich nicht beeinflusst oder inspiriert zu sein, von einem Künstler, einer Epoche die vor einem war. Der Mensch kann dies ja gar nicht vermeiden.

Eigentlich ist es immer ein Sampling von all den Dingen die da kommen. Der Mensch muss ja immer erstmal etwas aufnehmen.

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Birth of Venus, 30 x 42 cm, Öl auf Leinwand, 2018 [Nach: Sandro Botticelli, Die Geburt der Venus, 172,5 x 278,5 cm, Tempera auf Leinwand, ca. 1485/86, Uffizien, Florenz, Italien. In: https://de.wikipedia.org/wiki/Die_Geburt_der_Venus_(Botticelli). Und: Philip Guston, Melancholy Studio, XXX, 1977, XXX. In: http://s3.amazonaws.com/contemporaryartgroup/wp-content/uploads/2012/12/Philip-Guston-1977-Melancholy-Studio-in-Situ-crop.jpg.]

Dazu kommt, dass wir in einer Zeit leben, in der religiöse Phänomene physikalisch belegt werden können durch die Quantenphysik. Wir wissen alles ist miteinander verbunden. Und da hat man dann wieder das Thema der Farbe und des Lichts wie in deinen Arbeiten. Das zieht sich ja auch durch die Zeit. Da sind dann die Epochen unter diesem Aspekt auf einmal gar nicht mehr wichtig?

Ja genau! Das sind dann Quantensprünge. Man kann dann quasi die Geschichte auffalten oder eben auf einen Punkt zusammenlaufen lassen.

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Musizierende Engel, 60 x 42 cm, Öl auf Leinwand, 2018 [Nach: Fundstück: Postkarte, Piero della Francesca, Musizierende Engel, Piperdrucke Verlags-GmbH, München. Ausschnitt aus: Nativity, 124,4 x 122,6 cm, Öl auf Holz, ca. 1470-75, National Gallery, London. Und: Niederrheinischer Meister, Der Liebeszauber, 24 x 18 cm, Öl auf Holz, 1470/80, Museum der bildenden Künste Leipzig. Fundstück: Postkarte, F2371, Museum der bildenden Künste Leipzig, Deutscher Kunstverlag, München, Berlin.]

Zu Neo Rauch. Gibt es da prägnante Erlebnisse oder Punkte, bei denen Du sagst das hat was in mir ausgelöst in deiner Zeit als sein Meisterschüler?

Mein Diplom hab ich ja bei Arno Rink gemacht, das möchte ich in dem Zusammenhang unbedingt erwähnen. Denn wenn man Kunst studiert geht es auch um die Lehre.
Und die Lehre war bei Arno Rink hervorragend. Ich dachte ursprünglich sogar ich wäre etwas spät dran für Leipzig und dann habe ich tatsächlich diese beiden Generationen mit erlebt. Ich war quasi erster Meisterschüler mit ein paar anderen bei Neo Rauch. In den zwei Jahren mit ihm, das ist natürlich schwer zusammenzukriegen. Dieses Arbeiten mit einem, ja Superstar, als ganz junger Mensch, war von daher schonmal beeindruckend. Ein hoch charismatischer Mann mit einer Eloquenz, die beneidenswert ist und die sich in der Wortgewandtheit aber auch in der Bildsprache fortsetzt. Einerseits sehr erfrischend auch auch beängstigend. Also von wegen der Frage hast du nicht Respekt vor den alten Meistern, da ist man hier auch respektmäßig auf einer ganz anderen Ebene unterwegs.

Unweigerlich fragt man sich, wer bin ich, was bin ich.

In der Zeit gab es sehr viele, sehr gute Positionen in Leipzig. Wie man sich dann da positioniert spielt natürlich eine große Rolle. Ich hab dann damals eigentlich nur gemalt, gemalt, gemalt und irgendwann hat sich etwas aufgetan. Und dass ich dann mit einem sehr „Nicht-Neo Rauch“ Schritt, nämlich ich male konsequent nur nach Vorlage angefangen habe, da war natürlich auch ein Stück Generationskonflikt mit drin, den ich in dem Fall auch wirklich mehr mit Neo Rauch hatte, als mit Arno Rink.

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Skates, 60 x 42 cm, Öl auf Leinwand, 2018 [Nach: Alberto Polo Ianez, Diaries, Galicia. In: http://www.albertopoloianez.com/index.php?/diaries/norte/. Und: Adriaen Coorte, Stillleben mit Walderdbeeren, 16,5 x 14 cm, Öl auf Papier auf Holz, 1705, Mauritshuis, Den Haag, Niederlande. In: http://commons.wikimedia.org/wiki/File:Coorte_5.jpg.]

Wie ich finde ein wirklich mutiger Schritt, man ist ja fälschlicherweise schnell verleitet zu sagen, oh da ist nichts eigenes.

Ich habe einfach gemerkt, dass es für mich wirklich viel Sinn macht. Und ich habe damals viel Tai Chi gemacht, man kann es aber auch mit Yoga erklären:

Ich finde es gut das es eine Form gibt, die einfach alt und gut ist.

Und dann gibt es eine ganze Menge Menschen die können alle versuchen sich in dieser Form zu finden. Und jeder der nach Tag drei sagt, ich erfinde die Form jetzt ganz neu der hat irgendwie schon einen Schuss. Sich jahrelang an dieser Form erstmal abzuarbeiten, bis man merkt wo die Form und man selbst langsam mehr oder weniger eins werden, oder eben wo sie nicht eins sind und in das Individuelle abweicht, das kann man natürlich in so einer alten und klaren Form sehr gut herausfinden.

Es ist auch ein Paradox, in dem ich angeblich nichts eigenes mache, kommt mein Ureigenes extrem gut zum Vorschein!

Header Photo: L’Atelier rouge), 200 x 260 cm, Öl auf Leinwand, 2018 [Nach: Doja Cat, Purrr! Girl is goin´ faar, http://silencenogood.net/doja-cat-purrr-ep/. Und: Jan van Eyck, Virgin and Child, with Saints and Donor, 47,3 x 61,3 cm, Öl auf Holz, The Frick Collection, New York City. In: http://izucul.cocolog-nifty.com/balance/images/2008/05/20/170_3.jpg. Und: Henri Matisse, L’Atelier rouge, 181 x 219,1 cm, Öl auf Leinwand, MoMA, New York City. In: http://www.henrimatisse.org/the-red-studio.jsp.]

ONLY LOVERS LEFT ALIVE – Jochen Plogsties

Collectors Room | Marie-Louisen-Str. 9 | 22301 Hamburg

Besichtigung nach Vereinbarung: guest@vgs-art.com