Liebe Nina, lieber Torsten, in der Groupshow „Under Construction“ seid ihr nicht nur als Künstler vertreten sondern kuratiert auch selbst. Wie ist das entstanden?
Wir hatten über 9 Jahre unser Atelier in dem Gebäude, in dem sich der von Yaneq betriebene Austellungsraum Schau Fenster befindet. Yaneq haben wir in den letzten Jahren durch unsere regelmässigen Ausstellungsbesuche dort recht gut kennen gelernt und er hat uns vor ca. einem Jahr gefragt, ob wir in seinem Raum auch mal etwas kuratieren wollen. Das Thema und die Zusammenstellung der Künstler und Exponate ist dann Schritt für Schritt organisch gewachsen. Über Window Display, Monitor, Webseiten im Aufbau und künstlerische Prozesse im Umbruch kamen wir zum Thema Under Construction. Begonnen mit den Künstlerfreunden Emanuel Bernstone und Erik Andersen wuchs dann eine Künstlerliste heran über Peter Weibel, Michael Sailstorfer, Vadim Zakharov, Sophie Calle und allen weiteren Künstlern, die uns zu der Thematik interessiert haben. Schliesslich waren es dann by sudden 25 Künstlerpostitionen für das 25 Meter lange Schau Fenster. Wir haben einen Antrag beim Hauptstadtkulturfonds gestellt, der anscheinend überzeugt hat. Durch die Förderung konnten wir dann das Projekt in einem schönen Umfang entwickeln, mit Katalog, Ausstellungshonoraren für alle Künstler, Mittel für Videotechnik, Transport, Versicherung etc.
Und in eurer ganz subjektiven Erfahrung, was war das Besondere daran, bzw. gibt es Euch jetzt auch eine andere Sicht auf die eigenen Arbeiten?
Neben unserer rein künstlerischen Arbeit haben wir auch immer mal wieder kuratiert, vor 10-15 Jahren sogar sehr intensiv, vor allem mit grossen Shows in Bunkern unter dem Projektnamen M°A°I°S mais-de. Die eigene Arbeit unter einem bestimmten Thema in Bezug zu setzen mit bewusst ausgewählten Werken anderer Künstler eröffnet durchaus andere Perspektiven für das eigene Werk. Da ist schon eine starke Neugierde vorhanden, wie sich das miteinander verhält, in welcher Form sich ein Dialog entwickelt zwischen den Künstlerkollegen, zwischen deren Werken und wie wiederum das Publikum darauf reagiert. Es werden auch bestimmte Grenzen von Kontexten überschritten und so ein Projekt als Künstler zu betreiben hat auch einen stark performativen und interaktiven Aspekt.
Dr. Peter Funken schreibt in seinem Essay zur Ausstellung von einem “2. Maschinenzeitalter in der der Mensch seine Rolle erst finden muss” habt ihr eine Rolle gefunden als Mensch in diesem Zusammenhang und welche Rolle spielt eure Kunst in dieser Zeit?
Peter Funken hat in Bezug auf uns dazu geschrieben: „In der Bildherstellung von Torsten und Nina Römer geht es um Veränderungen des Sehens und der Realität. Ihre Malerei zeigt analytisch wie sich Formen und Vorstellungen auflösen und zugleich neu entstehen können, wenn der Blick via Technik ein objektiver wird. Durch die Form der Darstellung zeigt sich auch bei ihnen eine Art skizzenhafter Vorzeichnung von Zukünftigem.“ Es interessiert uns Entwicklungen und Ausformungen der aktuellen technisierten Welt in unserer spezifischen digital-pointillistischen Weise in das „alte“ Medium Malerei zu überführen.
Erlebte Sekundenbruchteile werden in einem sehr langwierigen Malprozess zeitlich ins Extreme ausgedehnt.
Painting says Yes!
Für alle die das furiose Opening verpasst haben, empfehlen wir die Führung die es bis zum Ausstellungsende mit der Kuratorin und Kulturmanagerin Kerstin Godschalk gibt. Und zwar jeden Sonntag um 17 Uhr!
„Die Ausstellung ist ein Zustandsbericht. Ausgehend von den persönlichen Kontakten und Interessen der Künstlerkuratoren treten 25 internationale Künstlerpositionen in einen Dialog. Es kommen raumbezogene Arbeiten, die erst vor Ort entstehen, Fotografie, Malerei, Skulptur, Zeichnung, Collage, Video und Performance zum Einsatz. Das temporäre Kuratoren-Trio setzt der glänzenden und reibungslosen Oberfläche, die Wirklichkeitserfahrung materieller Beschaffenheit von Größe, Raum und Zeit entgegen. So trifft man in der Ausstellung weniger auf Medienkunst als auf Medialisierungsprozesse, die die neuen Medien technisch dafür nutzen, Blickwinkel und Auswahlprozesse bewusst zu machen und zu hinterfragen. Man ist eingeladen genauer hinzuschauen und dennoch bleibt vieles im Verborgenen.“
UNDER CONSTRUCTION
Schau Fenster, Raum für Kunst, Lobeckstraße 30-35, 10969 Berlin, U8/ M29 Moritzplatz
Ausstellung: 14. bis 29. Januar 2017
Öffnungszeiten: Freitag, Samstag und Sonntag jeweils 15-20 Uhr und nach Vereinbarung, Eintritt frei
Führungen durch die Ausstellung mit Kerstin Godschalk jeden Sonntag jeweils um 17 Uhr
Photo Credit Opening: André Wunstorf