Pier Paolo Pasolini – In Liebe zu Rom
Rom! Jeder liebt diese Stadt! Aber wer kennt sie wirklich? In Nanni Morettis Film „Caro Diario“ streift der Regisseur mit seiner Vespa durch die sommerlich ausgestorbenen Vororte von Rom, fernab von Colosseum und Petersdom, man sieht hässliche Neubausiedlungen, wilde Müllkippen und ein Stück trostlosen Strand. Den Strand, wo vor fast 40 Jahren der Filmregisseur Pier Paolo Pasolini ermordet aufgefunden wurde. Bis heute ist nicht klar, was passiert war, der vermeintliche Mörder hatte nach Verbüßung seiner Strafe sein Geständnis widerrufen. Pasolini war von diesen Vorstädten magisch angezogen, er liebte die einfachen Leute, das einfache, fast archaische Leben, eine Parallelwelt neben dem gutbürgerlichen Leben mit seiner Mutter in einer teuren Wohnung.
Pier Paolo Pasolini war Künstler und Provokateur
Der Filmemacher und brillante Intellektuelle war ein Idol der italienischen und europäischen Linken – und gleichzeitig ihr „Enfant terrible“. Schwul, links und immer angriffslustig. Sowohl die kommunistische Partei als auch die katholische Kirche (!) hatten ihn rausgeworfen. 1968, bei einer in Italien berühmt gewordenen Straßenschlacht zwischen protestierenden Studenten und der Polizei ergriff er Partei für die Polizisten, weil er sie als arme Söhne des Südens für die echten Proletarier hielt. Auch in seinen Filmen provozierte Pasolini. „Accatone“, Uccellacci e Uccellini“, „Mamma Roma“, „Il vangelo secondo Matteo“ sind einige der bekanntesten Titel. Für das neu aufkommende Fernsehen hatte er nur Verachtung übrig, sie verdummten das Volk und seien Tempel der Konsumlust. Wer die von Berlusconi geführten Privatsender kennt (das gilt für gewisse deutsche Programme ebenso), muss zugeben: Pasolini hat recht behalten.
Die Ausstellung im Martin-Gropius-Bau
In der Ausstellung im Martin-Gropius-Bau konzentrieren sich die Kuratoren auf die 25 Jahre Pasolinis, die er in Rom verbrachte. Seine letzten Jahre, er starb mit nur 53 Jahren. Film- und Interview-Ausschnitte, Fotos, Exponate und vor allem Texte – das Leben des Künstlers zeigt, wie sehr sich der Mensch Pasolini an der Kirche, an der Gesellschaft, am Kommunismus und an seinem Schwul-Sein abgearbeitet hat. Zahlreiche Gerichtsprozesse wurden gegen ihn geführt, sie endeten alle mit Freispruch – in der Ausstellung steht sogar ein Schneidetisch, an dem sich der Richter Pasolinis Film „La Ricotta“ im Gericht vorführen ließ. Ein großes Begleitprogramm ergänzt die Schau, und das Arsenal zeigt eine vollständige Retrospektive seiner Filme.
Pasolini Roma // Laufzeit: Bis 5. Januar 2015 im Martin-Gropius-Bau
Filmprogramm: www.arsenal-berlin.de
Fotos: © Angelo Novi / Fondazione Cineteca di Bologna