Tomaso Baldessarini fotografiert im Sekundentakt
Wir haben noch drei Wochenenden und rund 200 Portraits vor uns!
Und nach einer Pause:
Deshalb fotografiere ich so brachial.
sagt Tomaso Baldessarini während wir zusammen im Nieselregen auf einer Bierbank vor dem Fotostudio in der Backfabrik Kaffee- und Rauchpause machen. Die Berliner, die mit uns auf ihren Shoot warten, scheint es nicht zu kümmern, dass es ein bisschen länger dauern wird an diesem Nachmittag. Unter ihnen bekannte Gesichter aus der Musik-, Schauspieler- und Nachtlebenszene der Stadt. Sie sind gekommen um Teil zu haben an anti.mono.stereo. Es gibt kein Geld, dafür Käsebrötchen und Ehrlichkeit.
Tomaso will mit seinem Kunstprojekt anto.mono.stereo ans Archaische.
– weg von Photoshop und Täuschung.
Sein Stilmittel ist der Verzicht auf jegliche Ablenkung und Maskierung. Die Schwarz-Weiss Aufnahmen sind schlichter als schlicht und natürlich analog. Der Visagist muss stündlich Kämpfe ausfechten, hat er doch die strenge Anweisung kein wirkliches Make Up aufzutun, sondern so natürlich wie möglich zu bleiben. Es gelingt nicht immer.
Die wahre Schönheit liegt im langen Gedicht des Lebens das sich in unseren Gesichtern wieder findet,
sagt Sven Martineck über das Projekt.
Genau dahin will Tomaso uns mit anti.mono.stereo bringen. Ihn fasziniert die Wahrheit und Schönheit unserer Gefühle, die wir teilen und doch jeder auf seine Weise leben. Die sich in unseren Gesichtern widerspiegeln und manchmal dort in feinen Linien bleiben.
In kurzen Videosequenzen nehmen wir Stellung zu Liebe, Schmerz, Wiedergeburt und Berufung. Oft begleitet von einer kurzen Schrecksekunde bevor die Antwort sich aus dem Herz in die Kehle hochgearbeitet hat.
anti.mono.stereo: Alles für dieses Jahr
Tomaso ist jung und wirkt ein bisschen wie fern gesteuert in der seit Monaten benötigten Ausdauer. Als Fotograf arbeitet er mit seinem Studio Baldessarini seit 2009 und konsequenterweise macht er seitdem auch offiziell Kunst. 2011 ist Video dazu gekommen. Er weiß, dass er mit anti.mono.stereo an etwas Größerem arbeitet. Nicht nur im Sinne von Ausmaß und Mut.
Es fühlt sich an wie eine stillschweigende Vereinbarung, die wir alle hier getroffen haben. Wir sind Teil, weil es relevant ist. Und Resonanz erzeugt.
Und trotzdem hat Tomaso Sorgen. Schonungslos ehrlich sind seine Facebook Posts zu dem was ihn beschäftigt: die Frage nach dem Angenommen werden, Finanzierung, Überleben, Durchhalten und immer wieder die Rückkehr zur Intuition: anti.mono.stereo ist.jetzt.genau.das.was.zählt.
Und dann die Freude darüber, wenn Feedback kommt.
Wir haben Investoren gefunden! Danke, dass ihr an mich glaubt.
anti.mono.stereo: Ausstellungsreihe und Buch
anti.mono.stereo wird fliegen und reisen. Die Tour zu mehreren internationalen Ausstellungen ist gerade in Planung. Berlin wird voraussichtlich im März seine Show bekommen. Wenn es mit der anvisierten Location klappt, dann wird das groß. Eine Gesamtinstallation mit allen 365 Portraits und den Videos ist geplant. Nach Berlin reist das Projekt in die Deutsche Botschaft nach Bratislava, in die Nationalgalerie nach Prag und nach London in den Members 8 Club.
Auch ein Buch soll es geben.
Auf dem Blog von Tomaso Baldessarini finde ich:
Wenn unsere Generation glaubt zu verstehen, bleibt nichts ausser ein Luftleerer Raum voller ungelebter Träume überschwemmt von digitaler Bohème und Narzissmus … Ein Bild erlaubt uns die Flucht in ein besseres Leben mit Tags, Likes und digitalen Lachgesichtern und einer Friendsflatrate…. Hoffentlich sind Bilder mal wieder das was sie ware , ein Dokument der Zeit und eines Momentes, wahrer Liebe und der Sehnsucht nach dem was kommt…“ – Tomaso Baldessarini
Seinen Namen sucht man im Vordergründigen der Webseite von anti.mono.stereo vergebens.