IM ATELIER VON BODO ROTT
Der Gang im Atelier ist kirchengangähnlich, in schmal. An unseren Schultern streifen Kindermenschen in mattem Öl. Sie befinden sich in surrealen Situationen, die auf befremdlich vertraute Art Beklemmung erregen. Oder ist doch alles ganz harmlos?
Bodo Rott empfängt uns am Ende des Ganges in seinem Atelier in Berlin Neukölln. Der Maler wirkt selbst fast kindlich in seiner scheuen, verspielten Art.
Die Kindermenschen sind nicht vorsätzlich, sondern plötzlich auf meinen Bildern erschienen. Sie tauchten relativ früh auf, waren dann zwischenzeitlich verschwunden und übernahmen dann wieder die Bühne.
Bodo Rott liebt die Zeit der Renaissance, den Charakter der Vorläufigkeit, die Wandmalerei und die Farblehre der Alchemie, die während der Renaissance in der Malerei ihren Höhepunkt fand. Auf seinen Gemälden und Lithographien blättert oft der Putz von den Wänden. Das strikte Rechteck der Leinwand löst er mit einem schwarz auslaufenden Rand auf. Die Idee mit reiner Materie zu brechen, fasziniert ihn:
Für mich ist Farbe wie „Schmutz“, eine Art Staub, der über seine materielle Eigenart hinaus weist. Was mich interessiert, ist der Charakter der Vorläufigkeit. Meine Bilder arbeiten mit dem Bruch: das Schöne trifft auf das Groteske, die vollendete Figur auf das gekritzelte, abblätternde Ungeformte. Was wir sehen sind doch Kulissen. Ich versuche die Illusion der Realität in Frage zu stellen. Aber ich bin kein Eso,
beeilt er sich zusagen.
DIE EROBERER IN DER GALERIE VILLA KÖPPE
Diese Woche eröffnet seine neue Ausstellung DIE EROBERER in der Villa Köppe. Die Gemälde und Lithografien dort sind in den letzten beiden Jahren entstanden und folgen keiner bestimmten Serie oder Anordnung.
Mich befriedigt das Malen, wenn es mich überrascht.
Ich male nie für eine Ausstellung und auch nicht zu bestimmten Themen. Ich male vielmehr das, was ich nicht weiß. Wenn mir ein Bild gelingt, dann weiß ich kurze Zeit danach nicht mehr wie ich es gemacht habe.Ich bin immer der Erste, der sich an meine Bilder gewöhnen muss. Wenn sich ein Bild der Vollendung nähert, dann spüre ich wie mich die Anbindung an es verlässt. Ich schleiche dann drei Tage um das Bild herum und entscheide schließlich, dass er fertig ist.
Was die Ausstellung in der Villa Köppe zusammen hält sind die Gesten, Handlungen und Mimik seiner Kindermenschen. Bodo Rott hat die Gabe seine Darsteller im Raum zwischen Selbstbehauptung und subtiler Bedrohung auftauchen zu lassen.
Meine Bilder leben vom Kontrast zwischen dem Kindlichen und dem Charakter des Abgetragenen und Verbrauchten. Ich habe beobachtet, dass sie zwei Seiten in mir repräsentieren und dass die Betrachter dazu neigen, sich mit einer zu identifizieren.
Auf diese mögen die Kinder in Öl verstörend wirken, aber wenn man genauer hinschaut, dann tragen sie Entschlossenheit und Selbstbehauptung mit sich. Uns schießt der Gedanke durch den Kopf, dass diese Kinder Bodo Rott gefunden haben. Sozusagen aus ihm heraus fließen, um wieder lebendig und gesehen zu werden. Uns wird sakral zu Mute.
Eigentlich bin ich ein sehr rationaler Mensch,
sagt er da plötzlich.
Hm, und wie sieht es mit den Krisen aus? Die Anzahl der um uns versammelten Arbeiten und Ausstellungen weisen auf eine enorme Produktivität hin.
Im Studium hatte ich kaum Zeit zu malen, weil ich dauernd Krise hatte. Danach war es schlagartig damit vorbei. Im Moment kämpfe ich eher darum,neben den Ausstellungen genug Zeit für das Malen zu bekommen.
Als wir das Atelier verlassen, bleibt ein Schein in uns zurück. Eso hin oder her, der Mann hat eine Verbundenheit zum Nicht-Sichtbaren, die seine Kunst extrem fesselnd macht.
Opening: Die Eroberer // Bodo Rott in der Galerie Villa Köppe
Eröffnung 19. Juni 2014, 19 – 22 Uhr
Laufzeit der Ausstellung bis 19. Juli 2014
Knausstrasse 19, Berlin Grunewald
Wer mehr zur Galerie Villa Köppe wissen mag: Die Galerie Villa Köppe im ARTBerlin GALLERY GUIDE
Fotos: Shirin Ourmutchi